Harte Wochen für die Tänzerinnen und Tänzer des Aalto Ballett Theaters: Drei Stücke an einem Abend, drei verschiedene Bewegungs-Sprachen, drei Choreografien, jede aus einem anderen Geist. Die Premiere am Samstag, 21. Januar, ist eine echte Herausforderung für die Truppe. Das sieht auch der weltberühmte Choreograf Christopher Bruce so. Er studiert gerade mit den Aalto-Tänzern sein Ballett „Rooster“ ein – zu Deutsch „Hahn“.

Der 1945 geborene Engländer gehört zur Elite der internationalen „Tanzmacher“, wie er sich selbst gerne nennt. In Essen gibt er mit dem dritten Teil des Ballettabends sein Debüt am Aalto Theater. Die Tänzer brauchen Geduld und Ausdauer, um die verschiedenen „Sprachen“ der drei Choreografen des Abends zu lernen, die Bewegungen ihren Körpern einzuprägen. Aber, so ergänzt Bruce, „die Truppe Ben Van Cauwenberghs schafft das. Es sind sehr gute Tänzer.“

Nicht viele Kompanien in Deutschland können sich rühmen, eines der mehr als fünfzig Ballette des Briten aufgeführt zu haben. Bruce macht sich rar, kann es sich leisten, auszusuchen, wo er arbeiten will: „Ich konzentriere mich auf wenige Kompanien; ich möchte meine Choreografien selbst einstudieren und nicht nur irgendeinen Assistenten schicken.“ Der Einladung von Ballettchef Cauwenbergh sei er jedoch gerne gefolgt. Bruce kennt den Ballettdirektor seit langem: „Wir kommen aus einer ähnlichen Tradition“.

„Zeitblicke“

Der Ballettabend „Zeitblicke“ hat am Samstag, 21. Januar, 19 Uhr, im Aalto Theater Premiere. Am Sonntag, 15. Januar, 11 Uhr, führt eine Matinee in die Neuproduktion ein.

Sie besteht aus drei Choreografien: „Petite Mort“ von Jiří Kylián, der Uraufführung von „End-Los“ von Patrick Delcroix und „Rooster“ von Christopher Bruce. Die Musik ist von Wolfgang Amadeus Mozart und den Rolling Stones.

Für die Premiere gibt es nur noch Restkarten; weitere Vorstellungen sind am 24. und 26. Januar, am 1., 16., 18., 26. und 29. Februar sowie am 9. und 14. März. Karten unter 81 22 200.

Am Freitag, 20. Januar um 16.30 Uhr, also einen Tag vor der Premiere, findet die beliebte Reihe „ Das Blaue Sofa“ statt. Diesmal sind die Choreographen Christopher Bruce und Patrick Delcroix zu Gast und sprechen mit Dramaturgin Ina Wragge über ihre Arbeit und Karriere. Der Eintritt ist frei.

Christopher Bruce ist 66, wirkt aber viel jünger. Man merkt dem ehemaligen Tänzer das Körpertraining an. Nach Essen wäre er vor Jahren fast schon einmal gekommen, erinnert sich Bruce. Heidrun Schwaarz, von 1981 bis zu ihrer unrühmlichen Kündigung kurz vor der Unkündbarkeit 1995 Ballettchefin am Grillo und später Aalto, hatte ihn eingeladen. Doch gekommen ist er erst 2003, drei Jahre vor ihrem plötzlichen Tod. Da war Schwaarz schon in Krefeld. Und dort hat Bruce auch „Rooster“ einstudiert. Zehn Jahre, so erinnerte sich Schwaarz einst, sei sie hinter Bruce her gewesen „wie der Teufel hinter der Seele“.

„Rooster“ hat sich seit der Premiere 1991 in Genf zu einem echten Hit der Tanztheaterszene entwickelt. Die Musik basiert auf acht Songs der „Rolling Stones“, darunter „Sympathy for the Devil“ und „Paint it Black“. Bruce nennt sein Stück eine „Feier der sechziger und siebziger Jahre“. Die Männer, herausgeputzte Gockel, plustern sich voreinander und vor ihren Frauen auf. Doch die „Hennen“ beobachten die Balzrituale mit wissender Ironie und amüsierter Distanz.

„Rooster ist ein unbeschwerter Kampf der Geschlechter“, meint Bruce. Er betont den Vorrang des Tanzes, der Bewegung, der Schritte und Sprünge. Er will keine politische oder soziale „Botschaft“ vermitteln, wie sie Kritiker etwa in seiner weltberühmten Arbeit „Ghost Dances“ entdeckt haben. Aber er gesteht zu, dass seine Arbeiten inhaltlich mehrschichtig sind. Die Zuschauer können sie auf ihre eigene Weise deuten. Im Falle von „Rooster“ hat die amerikanische Kritikerin Margaret Putnam über Machismo und männliche Eitelkeit hinaus die Verzweiflung junger Menschen entdeckt, die auf eine festgelegte Zukunft starren. Trotzdem: Bruce geht es um die Erfindung des tänzerischen Ausdrucks. Er drückt seine Geschichte durch den Tanz aus: „Wenn der Tanz nicht stimmt, kannst du nichts erzählen.“