Mal ungeliebtes Anhängsel, das leere Reihen mit Schülern zu füllen hat, mal wichtiger Baustein im Gesamtkonzept des kulturellen Bildungsangebots einer Kommune: Der Theaterpädagoge hat viele Gesichter. Beim ersten Treffpunkt „kulturelle Bildung“, zu der die theaterpädagogische Abteilung des Schauspiel Essen Kollegen, Lehrer und Interessierte einlud, galt es, voneinander zu lernen und sich zu vernetzen. Aber auch, sich gegenseitig die Wunden zu lecken. Denn einen hohen Stellenwert hat der Berufsstand zumeist nicht.
Dabei sieht Michael Wimmer, Kopf des in Wien beheimateten Netzwerks „Educult“, das für die Mercator-Stiftung aktuell den „Ruhr-Atlas“ verfasst, gute Grundvoraussetzungen. „Kulturelle Bildung ist en vogue“, stellt er fest. „Kaum eine politische Rede, in der dieses Thema nicht aufgegriffen wird.“ Diese Einschätzung steht im krassen Kontrast zu dem, was der Essener Schauspiel-Intendant Christian Tombeil noch im Laufe des Nachmittags äußert: „Die Arbeit von Theaterpädagogen wird im Land total unterschätzt.“ Zwar habe sich die Situation verbessert, denn „als ich vor 20 Jahren erstmals nach Essen kam, hat man die Theaterpädagogen im Haus gerade abgeschafft“.
„Doch auch heute muss ich, wenn ich zwei neue Stellen in diesem Bereich schaffe, dem Kulturdezernenten erklären, warum ich das Geld in die Verwaltung stecke anstatt sie in die Kunst zu investieren.“ Dabei seien Theaterpädagogen ein wichtiges Bindeglied zu den Bürgern bei der „Grundlagenarbeit“, die Stadttheater leisteten.
Diese sei auch nötig, meint Wimmer, denn Publikum und Stadttheater hätten sich immer mehr voneinander entfernt. Dennoch: „Die Stellung derer, die sich in den Betrieben mit Bildung befassen, ist nicht immer die beste.“ Oft hätten es Pädagogen schon innerhalb der Institutionen schwer, sich Gehör zu verschaffen. Dabei müssen ihre Schultern vieles tragen: Vor- und Nachbereitungen mit Schulklassen, Jugendclubs, darüber hinaus Projekte mit Senioren und Behinderten.
Kooperationen mit anderen Kultureinrichtungen können ein Weg sein, der kulturellen Bildung mehr Gewicht zu verschaffen, wie Anke Weingarte, Theaterpädagogin in Oberhausen,erläutert. Ein wichtiger Aspekt dabei sei die Schaffung von Kulturschulen: Diesen werbewirksamen Titel bekommen kulturell besonders engagierte Schulen. „Dafür wird dann ein Vertrag mit strengen Richtlinien ausgearbeitet“, erläutert Weingarte. Auch in Dortmund spielen Vernetzungen eine wichtige Rolle: „Wir arbeiten eng mit der freien Szene zusammen“, betont die Theaterpädagogin Sarah Jasinszczak. Zusammen habe man auch die Schultheatertage veranstaltet.
Alles Wege, um die Theaterpädagogik sichtbarer zu machen. Dennoch, auch wenn er dafür unter seinen Kollegen wenig Zustimmung bekommt, mahnt der Essener Frank Röpke,: „Wir sind ganz unten in der Nahrungskette — damit sollten wir kokettieren.“