Essen. . Eine charmante Einwandererkomödie schuf Sigi Domke mit dem Stück „Unter Lappen“.

Ruhris „Unter Lappen“: Mit seiner wohl letzten Arbeit fürs Theater Freudenhaus schuf Sigi Domke eine durchaus charmante Auswandererkomödie. Bei der Premiere entblößte das Stück den vielen Lachern zum Trotz aber auch ernste Untertöne.

Helmut Meiers hat es satt: Auf seiner Baustelle versteht der Polier dank seiner ausländischen Kollegen kein Wort mehr, der Imam ruft von der benachbarten Moschee herab und auch der Freund seiner nichtsnutzigen Tochter sagt mehr „Ey, Alda!“, statt vernünftig „datt“ und „watt“. Bei so viel Überfremdung hilft nur eins: Die Meiers wandern aus - nach Lappland. Doch nicht nur wegen der fehlenden Sonne sieht auch dort einiges düster aus: Weit und breit ist keine Bude in Sicht...

Keine Entwicklung

Helmut Meiers hat viel mit Heinz Kopleck aus Domkes Erstling „Freunde der italienischen Oper“ gemein: die streng zementierte Weltanschauung, den sturen Unwillen, sich neuen Situationen anzupassen. Dies fällt besonders auf, weil Mime Frank Schneider in beiden Rollen durchaus ähnlich agiert.

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Ganz anders dagegen ist in beiden Stücken die Rolle der „Omas“ angelegt, die hier wie dort von Lore Duwe-Scherwat gespielt wird. Ist die „Oper“-Oma Klärchen eher schrullig-schlitzohrig, so kommt Hilde in der neuen Komödie weitaus melancholischer rüber. Dafür findet Regisseur Thos Renneberg in der zweiten Hälfte ein besonders eindringliches Bild: In dem neuen Domizil in Lappland mauert sich Hilde, die gedanklich stets „Unter Tage“ bei ihrem verstorbenen Mann ist, in einem Kohlenbunker ein.

Ansonsten folgt Renneberg den genretypischen Gesetzen der Boulevardkomödie — so wie es das ganze Stück tut: amüsante Dialoge, die manches Mal ins Zotige rutschen, betont prollig-eindimensionale Charaktere wie Tochter Vivian und ihr Freund Teddy, die von Stefanie Otten und Simon Jakobi karikiert werden, und die gute Seele in Form der Frau Mama (Birgit Pracht).

Eine Entwicklung gestattet Domke den Figuren nicht: Anders wie den Koplecks, die, durch die Lebensfreude des Gastarbeiters Rudolfo angesteckt, förmlich aufblühen, bleiben die Meiers Gefangene ihrer selbst aufgelegten Beschränkungen. So zeigt sich bei allen witzigen Situationen, die Domke auch heute noch zu kreieren weiß, doch eins: Er ist ernster geworden - und vielleicht pessimistischer als vor 15 Jahren.