Essen.

Die Essener Künstlerin Ulrike Martens zeichnet auf Wunsch personalisierte Comics. Ihr Talent entdeckte sie durch Zufall: Die Rechtshänderin ließ ihre Stift fallen und hob ihn mit links auf - seither zeichnet sie die Comics wortwörtlich mit links.

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Von DerWesten

Es sind diese kleinen Schlüsselerlebnisse, die ein Leben sprichwörtlich auf links drehen können: Irgendwann im Jahr 2007, Ulrike Martens steckt mitten im Examen ihres Kunst-Studiums, fällt der Essenerin der Stift hin. Ohne groß darüber nachzudenken, hebt die Rechtshänderin ihn mit links auf und beginnt, mit der vermeintlich schwächeren Hand zu zeichnen. „Meine Linien erhielten einen ganz anderen, kindlich-naiven Stil. Das gefiel mir“, erinnert sich die 48-Jährige. Der kleine Zwischenfall sollte der Startschuss für ihre Karriere als Comiczeichnerin werden. Portraits, Akte, Landschaft - seit Beginn der 90er malt Ulrike Martens alles, was ihr in den Kopf und vor den Pinsel kommt. Aber Comics?

Was die Geschichte noch verrückter macht: Ulrike Martens Katze gab schließlich den letzten Impuls, ganze Seiten widmete sie dem Tier. „Frau Katze, wie sie von mir und meinem Mann genannt wird, ist Inspirationsquelle Nummer eins“, sagt Martens. Auf ihrer Homepage stehen mittlerweile schon 20 pointierte Geschichten über den Stubentiger. Und noch viel mehr als das: In ihrem virtuellen Fundus hat Martens auch Geschichten aus der Kulturhauptstadt, über glücklich machende Kuchen und höllisch weiße Weihnachten gesammelt. „Mit der Comiczeichnerei kann ich auch meine Leidenschaft fürs Geschichten erzählen ausleben“, sagt Martens.

„Die kleinen Dinge machen den Alltag doch oft so spannend“

Immer mehr Menschen wurden so auf die Künstlerin aufmerksam, wollten personalisierte Comics. Seither spezialisiert sich Martens mit den Auftragsarbeiten. Dabei ist der Berufs-Kreativen keine Idee zu verrückt. „Eine Familie wollte, dass ich ihr Treppenhaus mit Bildern gestalte. Jeder Besucher sollte am Ende des dritten Stocks wissen, was die Familie ausmacht. Das hat unglaublich viel Spaß gemacht“, erzählt Martens. Stolz ist sie auch auf die Vita eines Musikers, die sie auf einem 2 x 1,70 Meter großen Storyboard zusammenfasste. Ähnlich groß war Martens’ Arbeit über den inneren Schweinehund. Weil der in der Regel ziemlich groß ist, verewigte sie die Arbeit in einem riesigen, einen Meter hohem Buch. „Allein durch den Akt des Umblätterns sollten die Menschen merken, wie schwierig es ist, den Schweinehund zu überwinden“, erklärt die Künstlerin.

Dabei sind es meistens Kleinigkeiten, die Ulrike Martens so sehr faszinieren: „Nach einem wirklich beeindruckenden Besuch im Museum Folkwang habe ich einen Comic über eine Frau gezeichnet, die nicht wusste, wo sie ihre Handtasche abgeben kann. Die kleinen Dinge machen den Alltag doch oft so spannend.“ Vor allem das Kulturhauptstadtjahr war für Martens der Impulsgeber schlechthin. Aktionen wie das Still-Leben setzte sie für ihren Online-Blog direkt künstlerisch um. „2010 hat bewiesen, wie viele spannende Leute hier unterwegs sind. Es gibt keinen Grund, sich vor anderen Städten zu verstecken“, ist Martens überzeugt.

Mit dem Service „Comic by Call“ möchte sie das Geschäftsfeld der individualisierten Comics noch erweitern. Auf ihrer Homepage kann in Kürze jeder seinen eigenen Comic bestellen. Der Preis dafür variiert und ist je nach Wunsch und Aufwand Verhandlungssache.

Kunst ist für Martens jedoch weit mehr als Lebensunterhalt: Durch ihre Tätigkeit als Kursleiterin bei der Essener VHS und mit diversen Projekten an Schulen in sozialen Brennpunkten möchte sie auch ihren Mitmenschen die fast therapeutische Wirkung von Farbe und Papier nahe bringen. Vor allem die Arbeit an den Essener Schulen ist ihr wichtig: „Kinder müssen ihrer Kreativität freien Lauf lassen können. Comics sind dafür ideal. Kunst kann eigentlich jeder mit links.“