Essen.

Das Schauspiel Essen sagt die Neuproduktion „Winterreise“ ab. Unüberbrückbare künstlerische Differenzen, hieß es zu Begründung. Regisseurin Bernarda Horres gefeuert.

Es sollte eine Spurensuche in der Stadt werden. Eine neue Winterreise am neu aufgestellten Schauspiel, für die Franz Schuberts gleichnamiger todtrauriger Liederzyklus zwar die Klammer bildete, Essener Bürger jedoch die Geschichten lieferten.

Eine Woche vor der Premiere ist diese Neuproduktion nun geplatzt. „Unüberbrückbare künstlerische Differenzen“. So nennt man das im Theaterjargon, wenn eine Produktion das Niveau nicht erfüllt oder schlicht nicht rechtzeitig fertig wurde. So etwas kommt vor. Dann wird nachgearbeitet, die Premiere verschoben. Auch Anselm Weber musste in seiner Essener Zeit eine Premiere verschieben, aus Krankheitsgründen, und holte eine Ersatzproduktion.

Dafür ist es jetzt aber bei Christian Tombeil zu spät. Nachdem er und sein Team sich gestern offiziell von Regisseurin Bernarda Horres trennten - vor ein paar Tagen hatte es schon Gerüchte über inhaltliche Differenzen gegeben -, hieß es: Die Premiere fällt komplett aus. Eine Ersatzproduktion - auch von anderen Theatern - sei so schnell nicht zu bekommen.

Die hätte allerdings auch schwerlich diese Arbeit ersetzen können, die immerhin als Weiterführung der Stadterkundungen hätte gelten können, mit denen das Schauspiel in den vergangenen Jahren so etwas wie eine Marke für Essen geschaffen hatte. Erinnert sei hier nur an die fast schon legendären „Homestories“ in Katernberg.

Gagen werden gezahlt

Was ist passiert? Das Schauspiel begab sich vor längerer Zeit auf die Suche nach Essenern mit und ohne Migrationshintergrund, die ihre Geschichte von Fremdheit, Heimat, Familie erzählen sollten. Diese Texte liegen vor. 700 Seiten. Mit deren Umsetzung durch die Regisseurin konnte, wollte das Theater so nicht an die Öffentlichkeit treten.

Man habe die Autoren, aber auch die Mitarbeiter des Hauses schützen müssen, so Intendant Christian Tombeil. Man wollte nicht zulassen, „dass Menschen, die sich uns öffneten, anvertrauten, schließlich auf der Bühne desavouiert werden“. So sei das bei einem Projekt wie diesem: Man wisse anfangs nicht - anders als zum Beispiel bei „Romeo und Julia“ - wohin die Reise ginge. Natürlich bekommen Horres und ihr Team die Gagen. Das Haus spart lediglich die Kosten für angesetzten sechs Aufführungen, verliert zunächst aber die Eintrittsgelder von immerhin etwa 2500 Besuchern.