Wenn sich ein Klassik-Ensemble mit Pop-Musik beschäftigt, kann das kein Projekt für Zwischendurch sein, weiß Dirk Mommertz, Pianist des Fauré Quartetts: „Wir sind in eine völlig andere Welt eingetaucht. Unbefangen, aber mit gehörigem Respekt.“ Am Sonntag wird diese Leistung von der Deutschen Phono-Akademie mit einem „Echo“ in der Kategorie Klassik ohne Grenzen gewürdigt.
Dieses „Pop meets Classic“-Projekt unterscheidet sich in so ziemlich allem von bekannten missglückten Klimmzügen, vorgebliches „E“ und behauptetes „U“ zu verschwistern. „Es gibt großartige Stücke“, sagt Mommertz, „die ,Bilder einer Ausstellung’ in der Version von Emerson, Lake and Palmer haben mich immer sehr beeindruckt.“ Aber die x-te Variation von Yesterday á la „Last Night of the Proms“; wer braucht die? Den Irrweg auszuschließen war eine der entscheidenden Maßgaben vor Produktionsstart. Mit der Deutschen Grammophon war sich das Quartett schnell einig. „Unser Label wollte die CD machen, da gab es keine Widerstände“, erinnert sich der Pianist, der 2005 dem Ruf an die Folkwang-Uni folgte. In Sven Helbig fand ein mit beiden musikalischen Sphären vertrauter Produzent. Er verantwortete sowohl die Dresdner Hochhaussinfonie, eine zeitgenössische klassische Komposition, als auch die Neuvertonung der Filmmusik zu „Panzerkreuzer Potemkin“ der Pet Shop Boys. Zwei Jahre verwendeten Helbig und das Ensemble auf die Auswahl des Repertoires. „Am Anfang standen 200 Songs“, erzählt Mommertz: „Wenn Pop, dann möglichst breit gefächert.“
Auf „Pop Songs“ findet sich Naheliegendes: Im Original schon majestätisch-elegisch Produziertes wie Paddy McAloons „Andromeda Heights“ und „Our mutual Friend“ von Divine Comedy. Daneben aber auch die Speed-Nummer „Chop Suey!“ von System of a Down und Hip-Hop aus dem Hause N.E.R.D. Nie gehört? „Mit Chart-Hits funktioniert es nicht“, stellt Mommertz fest. „Beim Hörer würde sich sofort das Vertrautere in den Vordergrund drängen.“ Sechs Arrangeure setzen die Stücke für die Besetzung Klavier, Cello, Geige und Bratsche. „Man erkennt deutlich die Handschrift jedes Einzelnen“, so der Folkwang-Professor. „Häufig haben wir noch während der Einspielung in Berlin hier und da etwas verändert.“ Was sagen die Komponisten? „Es war zeitraubend, die Bearbeitungsrechte zu bekommen.“ Doch am Ergebnis hatte niemand etwas auszusetzen. „Wir bekamen schmeichelhafte Post von Peter Gabriel und A-ha.“ Pet Shop Boy Neil Tennant besuchte das Fauré Quartett sogar im Studio. „Er war sehr neugierig, was wir mit seiner Musik anstellen würden,“ erzählt der Pianist. „Er hatte sichtlich Spaß zuzuhören.“
Für Pop Songs den Echo zu bekommen? Keiner der Beteiligten habe sich das träumen lassen. Die bereichernde Erfahrung, die das Projekt mit sich brachte, sei Belohnung genug gewesen. „Es war harte, fordernde, straff disziplinierte Arbeit. Aber auch pure Inspiration.“
Fast auf den Tag genau vor 15 Jahren gegründet, freuen sich Erika Geldsetzer (Geige), Bratschist Sascha Fröbling, Konstantin Heidrich (Cello) und Dirk Mommertz bereits über ihren zweiten Echo. Die Preisverleihung geht am Sonntag in der Philharmonie über die Bühne.