Essen. .

Den Undine-Stoff betrachtete Stijn Celis schon lange als gutes Thema für einen Ballettabend.

Das war, bevor der belgische Tänzer und Choreograf das Angebot von Essens Ballettchef Ben van Cauwenbergh annahm, für das Aalto Ballett Theater „Undine“ zur Musik von Hans Werner Henze zu choreografieren.

Das war auch lange bevor er sich mit Henzes Musik auseinander setzte. Auch Frederick Ashtons Ur-„Undine“, die der britische Tanzpapst 1958 zu Henzes Partitur für Londons Royal Ballet schuf, sah er sich erst bei den Vorbereitungen für die erste Essener Saison-Premiere an, die zugleich auch Stijn Celis Essener Debüt ist.

Dabei führt der Belgier, der bereits für das Cullberg Ballett, das Nederlands Dans Theater oder die Kompanien von Mainz, Wiesbaden, Dresden, Montreal oder Lissabon arbeitete, den Zuschauer weniger in die hochromantische Märchenwelt eines Friederich de la Motte-Fouqué oder anderer Autoren des frühen 19. Jahrhunderts. „Die Zeit, in der ich mich mit der Aalto-Kompanie bewege, ist vielmehr die Entstehungszeit der Henze-Musik, die Welt einer Ingeborg Bachmann, eines Fellini und dessen Psycho-Erotik, die 50er und 60er Jahre des letzten Jahrhunderts“, sagt der 46-Jährige, für den diese Zeit auch schon historisch ist.

So erzählt er eben nicht die klassische Geschichte einer Nixe, die sich den Menschen nähert, eine Seele bekommen möchte und am Ende wieder in die dunklen Fluten taucht. Seine Geschichte zu Henzes „Undine“ ist vielmehr eine Gegenwartsstory. Celis, den die Zeitschrift „Ballett International“ bereits 2001 zum besten Nachwuchschoreografen kürte, geht es um die Menschwerdung im Sinne von Erwachsenwerden, um Teilhabe an der menschlichen Gesellschaft, die Initiation in Leben und Welt.

Seine Undine hat keine eigene Form, sie erfüllt (männliche) Projektionen, und das endet tragisch - wie im alten Undine-Märchen. Sie geht zurück ins Wasser, in ihr eigenes Element. Stijn Celis sieht den Tod als „großen Impuls, in dem Undine aufgeht und zugleich immer weiter macht“.

Ein Hauch von Italien

Stilistisch greift der Choreograf dabei auf die Neoklassik zurück. Er wollte die Fähigkeiten der Kompanie bedienen, deshalb gibt es auch Spitzenschuhe. „Das zweite Mal überhaupt in meiner Karriere“, lacht Celis. Aber er schwärmt von den Aalto-Tänzern. Eine gut trainierte Truppe, technisch versiert. Und: „Das ,Klassische’ war das Idiom, das wir gemeinsam ,sprachen’.

Natürlich kann es mit 24 Tänzern keine Massenszenen geben. „Aber wir stellen auch so eine Hofgesellschaft auf die Bühne, die funktioniert. Da gebe es Tricks, einen Raum voll aussehen zu lassen, ohne das er vollgestellt wirkt.“

Und Henzes Musik? „Die ist gar nicht schwierig, sehr melodisch, voller Bilder und Emotionen“, schwärmt Celis. Fast ein wenig altmodisch, Strawinsky, ein Hauch Nino Rota, Film, Italien, San Remo. Das funktioniert auf jeden Fall . . .