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In der Ausstellung „Das große Spiel“ entführt das Ruhr Museum ab Freitag in das Zeitalter von Kolonialismus und Archäologie, in eine Welt der Wissenschaft voller historischer Details.

Vielleicht gab es kaum eine andere Epoche, in der wirtschaftlich-militärisches Machtstreben in Europa verbunden mit kulturellem Sendungsbewusstsein so massiv in Jahrhunderte alte Strukturen Afrikas oder Asiens eingriff wie im 19. und 20. Jahrhundert. Vielleicht war aber auch der Bildungshunger, die unbändige Neugier auf alles, was Licht in die frühen Kulturen Nordafrikas oder des Nahen und Mittleren Ostens bringen konnte, nie ausgeprägter als zur Zeit des Kolonialismus. Wer ab Freitag die Sonderausstellung „Das große Spiel - Archäologie und Politik zur Zeit des Kolonialismus“ im Ruhr Museum besucht, kann eintauchen in eine Welt der Wissenschaft voller historischer Details und sich zugleich auseinandersetzen mit den Triebkräften der Zeit, die Anstoß gaben und zugleich den Rahmen schufen für die Entdeckung Nofretetes, des Pergamon-Altars oder des Palastes von Susa.

Denn Charlotte Trümpler, Leiterin der Archäologischen Abteilung des Museums, trug in fünfjähriger Arbeit nicht nur mehr als 800 Ausstellungsobjekte zusammen, von denen viele aus Privatsammlungen stammen und erstmals öffentlich zu sehen sind. Sie inszeniert diese Objekte vom großen phönizischen Sarkophag oder dem rekonstruierten Bogenschützen aus farbigen Ziegeln des 5. Jahrhunderts v. Chr. aus dem iranischen Susa bis zu Fotografien, Grabungsverträgen zwischen dem Deutschen und Osmanischen Reich oder frühen Touristikplakaten. Denn Wirtschaft und Tourismus gehörten ebenso zu den kolonialen Triebfedern, wie militärischer Territorialgewinn, religiöser Forschungsdrang oder die Rivalität der großen Nationen. Man denke an Deutschland, das seinen Kampf um einen „Platz an der Sonne“ nach 1871 mit Nachdruck betrieb.

Der Kolonialismus lieferte die Voraussetzung für die Archäologie

England, Frankreich, Deutschland, aber auch reiche Privatleute investierten enorme Mittel in die archäologische Neuentdeckung der Welt. Große Gebiete wurden erstmals kartografisch erschlossen, frühe Fotografen dokumentierten die Grabungsstätten, mitreisende Künstler kopierten antike Wandmalereien. Wenn Charlotte Trümpler sagt, der Kolonialismus lieferte strukturell die Voraussetzung für die Archäologie, beschreibt sie damit die Bedingungen der Möglichkeiten, ohne die viele heute einzigartige Kunstwerke sicher nie entdeckt worden wären. Prunkstücke der Berliner Sammlungen (die mit London und Paris zu den Hauptleihgebern der spektakulären Stücke zählen), wie Pergamonaltar (entdeckt vom Essener Carl Humann) oder das Markttor von Milet, wären mit Sicherheit heute nicht mehr so erhalten.

„Wir erzählen über 20 spannende Biografien von Menschen, die forschten, sich auf den Weg in auch für sie noch unbekannte Länder machten und mit Zähigkeit, Fleiß und ungeheurer Energie Grundlagen der archäologischen Forschung legten“, so Charlotte Trümpler. Dass manche von ihnen, wie Thomas E. Lawrence („Lawrence von Arabien“) oder die wissenschaftlich höchst kompetente britische Industriellen-Tochter Gertrude Bell, durch ihre Vernetzung vor Ort auch für die Spionage von Interesse waren, gehört ebenso zu den abenteuerlichen Wegen der Kolonialgeschichte wie die berühmte Citroën-Tour vom Libanon nach China zu den Kuriositäten der Wirtschaftsgeschichte.

Interessanterweise beginnt der Ausstellungsparcours mit dem Bereich Tourismus. Auch wenn das Ehepaar Krupp, das 1888 eine mehrmonatige Reise zu den Ausgrabungen Ägyptens unternahm (dokumentiert im ledergebundenen Fotoalbum), sicher nicht zu den frühen Pauschaltouristen gehörte: Das Land am Nil verdankt heute seine Haupteinnahmequelle der Publicity durch die Archäologen der Kolonialzeit. Stichwort: „Der Tod auf dem Nil“. So schließt sich der Kreis zu Charlotte Trümplers großer Schau „Agatha Christie und der Orient“. Der zweite Mann der Krimi-Lady war auch Archäologe.