Essen. Das neue Ensemblemitglied Jürgen Hartmann spielt die Hauptrolle in Albees „Die Ziege oder Wer ist Sylvia?“ Am Samstagabend ist die Premiere im Grillo-Theater. Die Tragikomödie ersetzt das verschobene Drama „Nathan der Weise” im Grillo-Spielplan.
Jürgen Hartmann ist nichts Menschliches fremd. Den Weisen Nathan versteht er ebenso wie den Tabubrecher Martin Gray. Letzteren spielt er in Edward Albees „Die Ziege oder Wer ist Sylvia?”. Die Tragikomödie ersetzt das verschobene Drama „Nathan der Weise” im Grillo-Spielplan.
Hartmann, seit dieser Spielzeit neu im Ensemble des Schauspiel Essen, ist ein Suchender. Vielleicht war der gebürtige Stuttgarter das schon in jungen Jahren, als er eine Vorstellung des Clowns Frieder Nögge sah.
17-Jähriger besuchte drei Jahre seine Clownschule
Der 17-Jährige besuchte einen seiner Kurse und nach dem Abitur drei Jahre seine Clownschule. Doch statt umherzuziehen und aufzutreten, ging er an die Hochschule für Musik und Theater in Hannover. „Ich war Vater geworden und dachte, ich brauche einen staatlichen Abschluss. Aber mich hat auch das psychologische Theater interessiert”, sagt er.
Seine erste Bühnenstation war Darmstadt. „Figuren mit großer Wirkung“ konnte er dort spielen. Wie Liliom und Malvolio. Später waren es in Weimar Ödipus, Tasso und Faust - „Rollen, die eine Auseinandersetzung mit sich selber herausfordern”. Diese tiefer gehende Suche nach Fragen des menschlichen Lebens ziehe ihn an. Allein deswegen waren Begegnungen wie die mit Nögge und Regisseur Michael Gruner prägend.
Körperorientiertes Coaching
Die Welt des Autors Albee lernte er erstmals 2007 kennen. In Bremen, Braunschweig und Dortmund verkörperte er den George in der Beziehungsschlacht „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?”. „Eine tolle Rolle. Aber die Überlastung war nicht so toll”, erinnert sich der 44-Jährige.
Eine Möglichkeit, um die Theaterkreise zu durchbrechen, bietet ihm das körperorientierte Coaching - als Nutzer und als Trainer. Es bietet die Chance, „meinen Horizont zu erweitern und Menschen zu treffen, die nichts mit dem Theater zu tun haben”. Ständig zu lernen und sich weiterzuentwickeln, ist ihm wichtig. Wie bei der Arbeit.
Da kommt das Werk des mittlerweile 81-jährigenAlbee, das 2002 uraufgeführt wurde, gerade recht. „Es ist ein gut gebautes Stück und changiert zwischen Komödie und Tragik”, erklärt Hartmann. Doch ein Stück über Sodomie ist es nicht, sondern über das Unvorstellbare, das in ein glückliches Leben einbricht. In das Leben des Architekten Martin Gray, der mit der Liebe zu einer Ziege gegen bürgerlichen Normen verstößt und sich selbst, seine Frau sowie seinen Sohn in einen Abgrund reißt. „Es ist egal, ob er eine Ziege liebt. Es geht darum, was die Ziege auslöst”, so Jürgen Hartmann. „Zum Vorschein kommt die wilde, kreative, düstere Seite des Menschen.”