Kettwig. . Die Kettwigerin Petra Lange war mit einem Team von „Apotheker ohne Grenzen“ auf den Philippinen im Hilfs-Einsatz. Vor allem die „Steh auf“-Mentalität der Menschen dort hat sie beeindruckt.
Am 8. November wütete der Taifun Haiyan über den Philippinen. Tausende Menschen verloren ihr Leben, Millionen waren anschließend ohne Dach über dem Kopf. Am 19. November schickte die Hilfsorganisation Apotheker ohne Grenzen ein erstes Team in das Katastrophengebiet. Mit an Bord war die Kettwigerin Dr. Petra Lange. In San Joaquin, südlich von Tacloban, war sie im Einsatz.
Ein Drittel der 2500 Einwohner des Ortes hatte die Folgen des Taifuns nicht überlebt. Auf dem Sportplatz in der Nähe der Kirche hatte eine Vorhut bereits ein Zelt aufgebaut - „und sie hatten uns ein Willkommensschild gemalt“, sagt Petra Lange. Das Team von Apotheker ohne Grenzen und Mitglieder der Organisation Navis waren als erste Helfer vor Ort. „Viele der Menschen waren traumatisiert, es gab viele Brüche und Wundheilungsprobleme.“ Und Atemwegsinfektionen, denn „es war Monsunzeit, es regnete Tag und Nacht, die Menschen lebten im Freien“.
Petra Lange baute ihre Apotheke auf. Um sieben Uhr kamen die ersten Patienten. „Anfangs nur zögerlich, denn wir mussten erst ihr Vertrauen gewinnen.“ Das änderte sich schnell. Mittlerweile ist Team drei angekommen und behandelt rund 200 Menschen täglich.
Laborleiterin bei einem Pharmaunternehmen
Für Petra Lange ist der Einsatz in Katastrophengebieten „eine selbst auferlegte Verpflichtung“. Die 31-Jährige war in Syrien und auch 2010 nach dem verheerenden Erdbeben auf Haiti. „Es ist egal, wo wir gerade helfen. Man muss immer die Wünsche des jeweiligen Landes respektieren und die Menschen mitnehmen.“ An ihrem Einsatz auf den Philippinen hat sie beeindruckt, „dass die Menschen eine unglaubliche Steh-auf-Mentalität haben. Die haben so wenig und sind trotzdem zufrieden“. Ein Umstand, der ihr immer wieder Probleme macht, wenn sie in ihre Heimat zurückkehrt. Überfluss und Unzufriedenheit findet sie dort oftmals vor. „Das ist schon jedes Mal eine große Umstellung.“
Petra Lange arbeitet als Laborleiterin bei einem Pharmaunternehmen und - „weil die Kollegen und die Kunden so nett sind“ - alle zwei Wochen samstags in einer Apotheke in Borbeck.
Für den Hilfseinsatz auf den Philippinen hat sie zwei Wochen Resturlaub genommen, und ihr Arbeitgeber hat 5000 Euro und die Flüge gespendet. „Unsere Organisation braucht unbedingt Geld. Wir sind immer sofort und weltweit im Einsatz. Das muss finanziert werden.“
Petra Lange spielt Klavier und Querflöte als Ausgleich
Wenn sie an San Joaquin denkt, hat sie viele Bilder im Kopf. Die volle Milchflasche auf dem Kirchendach, die Familie, die morgens am Frühstückstisch von der Flutwelle überrascht wurde, der Fluss, aus dem man Trinkwasser holt, während Kadaver vorbeitreiben, die Massengräber... „Man braucht eine gute Balance“. sagt sie schlicht. Und man müsse „Herz und Kopf strikt trennen“. Das sei eine Typ-frage - das könne man oder nicht. Petra Lange kann trennen. Sie ist eine Macherin, fasst an, wenn Hilfe gebraucht wird.
Und sie braucht Ausgleich, macht viel Sport. Und Musik. In den Sonntagsgottesdiensten von St. Altfrid kann man sie sehen und hören. Petra Lange spielt Klavier und Querflöte. Und seit kurzem kennt sie auch ein neues Kartenspiel. Kollegen aus Bayern haben ihr abends nach Feierabend in San Joaquin Schafskopf beigebracht.