Essen-Kettwig. Noch die letzten Einkäufe im Supermarkt erledigen, vielleicht die letzten Geschenke einpacken. Der Weihnachtsbaum steht und ist geschmückt, um 18 Uhr kommt der Rest der Familie. So oder so ähnlich sieht der deutsche Heiligabend aus. Dann wird es im besten Fall festlich, besinnlich, besonders.

Für Emrullah Akbulut ist heute ein ganz normaler Arbeitstag. Ein bisschen anders vielleicht schon, „weil die Menschen an Weihnachten noch etwas freundlicher sind“.

Der 24-jährige hat vor drei Jahren den Kiosk an der Corneliusstraße gepachtet. Der hat Tradition. Oben drüber steht Trinkhalle. Viele Kunden sagen Büdchen oder Bude. Generationen von Kindern haben für einen Groschen oder 50 Pfennige dort Süßigkeiten gekauft. Heute geht schon mal ein Euro drauf. Für Lakritze und Fruchtgummis, für Eis in den Sommermonaten. Oder die neue Bravo. „Erwachsene kaufen meistens Zigaretten, Alkohol und Zeitungen.“

Emrullah Akbulut muss das Gespräch kurz unterbrechen, öffnet die Fensterluke. Die gewünschte Zigarettenmarke greift er ohne hinzuschauen aus dem Regal, die Preise kennt er alle. Ein nettes Danke, ein Bitte, die Schachtel wechselt den Besitzer.

Wenn wenig zu tun ist, setzt sich Emrullah vor den Fernseher

Wenn mal wenig zu tun ist, geht er nach hinten. Dort steht ein Fernseher und sein Computer. Aber ganz ruhig ist es selten. „Alle Nachbarn sind Stammkunden, und man weiß schon genau, was die wollen.“ Auch wenn beim letzten Einkauf mal etwas vergessen wurde, kann er helfen. Zucker, Salz, Speiseöl. Alles da. Auf nur wenigen Quadratmetern.

In Werden hatte seine Familie schon einmal einen Kiosk und in der Kirchfeldstraße einen Dönerladen. Das, was er jetzt macht, gefällt ihm. Zeit für Hobbys bleibt allerdings nicht. Montag bis Freitag von 6 bis 23 Uhr ist sein Büdchen geöffnet, samstag ab 7 Uhr und sonntags ab 9 Uhr. Jeden Tag. Eben auch Heiligabend. Wenn er mal einkaufen muss, hilft sein Vater aus. In Borbeck lebt die Familie, Emrullah hat sieben Geschwister. Die Kleinen bekommen in der Weihnachtszeit „auch schon mal kleine Geschenke mit in die Schule. Damit sie mitreden können.“

Geboren ist er in der Türkei, in der Millionenstadt Diyarbekir, aufgewachsen in Essen. Er erkennt Parallelen zwischen dem muslimischen Fastenmonat Ramadan und dem Weihnachtsfest. „Bei uns gibt es nur am Schluss Geschenke, aber das sind nur Süßigkeiten“, sagt er und lacht.

Drei Kunden später hat er auch erzählt, warum ihm Kettwig so gut gefällt. „Die Menschen sind sehr nett, und es ist eine schöne Atmosphäre. Und wenn man mal abschalten will, geht man nur einige Schritte und ist schon am Wasser. Zwischen 20 und 21 Uhr ist es meist ruhig vor dem kleinen Kettwiger Büdchen.

Das wird auf jeden Fall auch heute so sein. Und danach kommen sie wieder, seine Kunden. „Vielleicht fehlen noch Zigaretten, und Schokolade geht dann an Weihnachten auch sehr gut.“

Es ist halt doch ein ganz besonderer Abend.