Essen-Kettwig. Sie ist wieder zurück. Aber in Gedanken eigentlich schon wieder weg. Ein Jahr lang reiste Doris Krumey-Schröder mit ihrem Motorrad durch Südamerika und erfüllte sich damit einen Traum. Die 58-Jährige erinnert sich: „Ich stand damals kurz vor einem Burnout. Die Reise war das beste, was mir passieren konnte. Das sollte es auf Krankenschein geben.“
Gibt es aber nicht. Also musste sie selbst aktiv werden. Verkaufte ihren Laden an der Kirchfeldstraße, fanden einen Untermieter für ihre Kettwiger Wohnung und fuhr los. Allein. Hin und her zwischen Argentinien und Chile, durch die Wüste, hoch zu Gletschern, durch Peru und Bolivien, nach Kolumbien, nach Mexiko...
Am 5. Oktober 2012 war sie gestartet. Musste die Reise aber nur gut drei Wochen später unterbrechen. Bei einem Sturz brach sie sich das Handgelenk. Pause bis Ende des Jahres, ab in den Flieger und rauf auf die Maschine. „Vielleicht war diese Verzögerung ja wichtig, und ich hätte viele der Menschen, die ich unterwegs getroffen habe, gar nicht kennengelernt.“
Zwischendurch war sie auch in den USA. Am 30. August traf sie sich mit ihrer Familie in Los Angeles. Ein wichtiges Datum, weil ihre Enkelin Lena an diesem Tag drei Jahr alt wurde. Und sie konnte auch erstmals Enkelin Nora, sieben Monate, in den Armen halten. Gemeinsam besuchte man Nationalparks, Las Vegas („Da habe ich einen Fluchtreflex entwickelt“) - und San Francisco. In diese Stadt verliebte sich Doris Krumey-Schröder sofort. „Hier wabert noch der Geist der 1970er Jahre durch die Straßen. Es ist laut, lebendig und bunt. Und es wirkt wie ein großes Dorf.“ Gut 800 000 Menschen leben dort. Aus allen Kulturen. „Diese gute Stimmung dort hat einfach Spaß gemacht.“
Viele Gänsehautmomente
Seit knapp einer Woche ist sie zurück. Hat wegen der Zeitverschiebung schlaflose Nächte hinter sich und ordnet ihre Gedanken, ihre Eindrücke. Was bleibt: „Die vielen besonderen Menschen, die ich getroffen habe. Und die überwältigende Natur. Oben auf dem Machu Picchu zu sitzen oder freihändig, stehend auf dem Motorrad und vor Glück schreiend über einen Salzsee zu fahren ist hoch emotional. Das sind Gänsehautmomente.“
„Wenn die Zeit reif ist, fügt sich eines zum anderen“, sagt sie. Wofür ist die Zeit jetzt reif? „Ich möchte noch in diesem Jahr einen Diavortag zu meiner Reise zeigen. Und ein Buch darüber schreiben. Das ist im Prinzip schon fast fertig. Jetzt fehlt nur der Verlag.“ Und arbeiten muss sie. Das Geld vom Verkauf des Ladens wird nicht ewig halten. „Aber nicht im Büro.“ Irgendetwas Flexibles und Kreatives soll es sein. Sie hat Freiheit kennengelernt und will sie nicht mehr missen.
Und dann möchte sie auf jeden Fall wieder weg. Unbedingt. Von Alaska aus in den Süden. Und auch nach Australien und Neuseeland. Vielleicht auch zuerst einmal nur nach Island.
Bestimmt landet sie dann irgendwann doch in San Francisco. In Kettwig bestimmt nicht mehr. Zumindest nicht auf Dauer.
Unterwegs hat sie mit den vielen neuen Freunden oftmals eine Mischung aus Spanisch und Englisch gesprochen. Ein geflügeltes Wort, wenn es am Abend mal wieder spät wurde: Let’s vamos - lasst uns gehen, auf geht’s.
Passt irgendwie zu Doris Krumey-Schröder. Stillstand ist Rückschritt. Zumindest in ihrem neuen Leben, das sich so gut anfühlt...