Essen-Kettwig. Am Freitag ist sein letzter offizieller Schultag am Theodor-Heuss-Gymnasium. Unterricht von der ersten bis zur dritten Stunde. Danach die Dienstbesprechung. Danach Sommerferien. Und für Dr. Walter Jahnke bedeutet das: immer Ferien.

Nach 30 Jahren verlässt er die Schule an der Hauptstraße. Mister THG - den Titel soll er bekommen. Verdientermaßen. Stellvertretender Schulleiter war er. Und beliebt. Bei Schülern, beim Kollegium, bei den Eltern. Weil Schule für ihn kein Job war, sondern eine Aufgabe, der er sich gern stellte. Täglich. Mit vie Verständnis, Toleranz, Zugewandtheit. Viel hat er in den vergangenen Tagen zurückbekommen.

Rundflug über Kettwig

So am Mittwoch. Große Feier in der Sporthalle. Mit allen Schülern, allen Kollegen. Ein launiger Rückblick, viele Emotionen. Die Schüler bilden ein Spalier, als der 65-Jährige die Halle verlässt. Roter Teppich, eine Fahrt mit dem Cabrio zum Flughafen Essen/Mülheim - und als weitere Überraschung ein Rundflug. „Der Superwalter macht’n Abflug“ lautet der Titel der Abschiedsgala. Er wird es genossen haben.

Geboren wurde er in Herne in Westfalen. Nach dem Umzug nach Essen besuchte er die Grundschule St. Andreas in Rüttenscheid und dann dort das Helmholtz-Gymnasium. Geplant war eine sicherere Karriere bei der Bundeswehr. Walter Jahnke ließ sich vorzeitig mustern, hat in den zwei Jahren als Zeitsoldat „die Repubkik von oben nach unten bereist“. Aus den Plänen, Berufsoffizier zu werden, wurde nichts. Sein Vater kannte den Krieg... „Wenn du dich für die Bundeswehr entscheidest, brauchst du nicht mehr nach Hause zu kommen.“ Vaters klare Ansage mit dem Ergebnis: Walter Jahnke studierte von 1969 bis 1974 Deutsch und Geschichte in Bochum. „Ich habe für meinen Job als studentische Hilfskraft 600 Mark im Monat bekommen - das war zwar viel Geld, aber es hat mich auch ein, zwei Semester gekostet.“

Referendariat am Gymnasium Nord-Ost

Nach dem Referendariat am Gymnasium Nord-Ost und sechs Jahren als Lehrer am Gymnasium Borbeck fing er am 1. Februar 1983 am THG an. „Wir waren 1977 nach Kettwig gezogen - da bot sich das an.“ Im gleichen Jahr brachte seine Frau Mechthild Sohn Alexander zur Welt, 1984 folgte Tochter Katharina. Die Familie war komplett.

Am THG erlebte er Schulleiter Dr. Klaus Dormanns, der schon am Helmholtz-Gymnasium sein Mathematiklehrer war, dann ab 1990 Gudrun Wilk-Mergenthal und seit drei Jahren Dr. Thomas Doepner.

Seit 23 Jahren Stellvertreter

Seit 23 Jahre ist er der Stellvertreter. Und nicht nur in Kettwig das Gesicht der Schule. Walter Jahnke und das THG und die KRG und Literatur - und Käsebrötchen. Die mag er wohl besonders, wie bei seiner Abschiedsfeier treffend bemerkt wurde. Gestern musste Mechthild Jahnke auch Abschied nehmen. Sie war Leiterin einer Grundschule in Borbeck. Und jetzt? Ein schwarzews Loch? Zwei schwarzer Löcher? Nichts ist mit Ruhestand. Mechthild Jahnke wird sich in einem Krankenhaus engagieren und dort Kinder unterrichten. Und Walter? Der kehrt nach den Ferien ans THG zurück. Zumindest einmal in der Woche. Immer donnerstags gibt er von 16 bis 18 Uhr sechs Schülern einen Kurs im Buchbinden. Weil Literatur sein Ding ist - und Schüler sowieso.

„Ich muss mir etwas suchen, das die Woche strukturiert“, sagt er. Allerdings nichts, was mit Müßiggang zu tun hat. „Eine Gruppe ehemaliger Schulleiter an Gymnasien wird es sich zur Aufgabe machen, den Kindern das Lesen wieder näher zu bringen.“

Und da ist Walter Jahnke dabei.