Essen-Kettwig. Essens Bahnhofsmanager Karl-Wilhelm Drews hatte sein Arbeitsmaterial auf einem Stick mitgebracht. Doch im Kettwiger Rathaus gibt es keinen Beamer, um die virtuellen Infos plakativ an die Wand des Rathaussaales zu werfen. Also musste er sich immer wieder durch dicke Aktenordner wühlen, um den Mitgliedern der Bezirksvertretung IX detailliert vorzustellen, was die Bürger im Essener Süden in Sachen Modernisierungsoffensive 2 erwartet.

Keine S6 inden Sommerferien

Die meisten Fakten kannten die Kommunalpolitiker schon, denn die Pläne zur dringend notwendigen Sanierung der S-Bahnhöfe Kettwig und Werden liegen schon lange auf dem Tisch. Überfällig und kostspielig sind die Maßnahmen. 4,9 Millionen werden in Kettwig investiert, nur wenige Kilometer weiter kostet die Runderneuerung gar 5,4 Millionen Euro.

Und es geht in Kürze los. Vom 7. Juli bis 20. August wird die S-Bahnlinie 6 eingestellt. Das Ersatzkonzept des VVR steht und sieht vor, dass von Essen Hauptbahnhof bis Düsseldorf-Unterrath in diesem Zeitraum ein Schnellbus verkehrt. Die Busse zwischen Kettwig und Werden fahren dann werktags im Fünf-Minuten-Takt und an den Wochenenden alle 10 bis 20 Minuten. Wie schaut’s in der Praxis aus? Wie lange der Regelbus von Kettwig nach Düsseldorf brauche, wollte Bezirksvertreter Daniel Behmenburg wissen. Mit knapp 40 Minuten deutlich länger als die S-Bahn. Und wenn man den Regelbus nimmt, kann auch eine Stunde daraus werden.

Während in Kettwig u.a. die Bahnsteige angehoben und der bislang asphaltierte Bereich gepflastert wird, dauert es mit dem geplanten Durchstich zur Ruhr und somit zum Ruhrtalradweg noch ein Weilchen. Karl-Wilhelm Drews: „Mir bereitet dieser Plan Bauchschmerzen. Wir werden zwar den jetzigen Tunnel zwischen den beiden Gleisen sanieren und den Durchstich auch vorbereiten, aber in einem ähnlichen Fall in Bochum-Dahlhausen steht der Tunnel immer unter Wasser. Ich hoffe, dass die Bahngäste nicht irgendwann Schlauchboote benützen müssen...“

In diesem Jahr soll das Projekt Durchstich in die Förderliste aufgenommen werden, 2013 wird der Antrag eingereicht und 2014 kann mit dem Bau der Verbindung begonnen werden. Den notwendigen Eigenanteil von 450 000 Euro für diese Maßnahme legt die Stadt bis dahin auf Eis. Und dann geht’s irgendwann die jetzige Treppe zum Tunnel hinunter, unter Gleis drei durch, eine Böschung hoch - und man steht auf dem Ruhrtalradweg.

Keine Zukunftsmusik ist die Tatsache, dass die S-Bahnhöfe Kettwig und Kettwig Stausee künftig den Zusatz Essen- tragen sollen. Dass dies einigen Bürgern sauer aufgestoßen ist, hat auch den Bahnhofsmanager erreicht. Er sieht das „völlig emotionslos. Diese Diskussion gibt es auch in Wattenscheid. Die wollen den Zusatz Bochum nicht. Wenn jemand statt Essen-Kettwig lieber weiter Kettwig auf dem Schild haben möchte, muss er Sturm laufen.“ Wohl nicht ganz ernst gemeint war sein Zusatz: „Vielleicht kann man ja die gesamte Gebietsreform von 1975 zurückdrehen?“ Sein Hinweis für die Essen-Kettwig-Gegner: „Ansprechpartner für die Umbenennung ist die Landesregierung.“