Essen-Kettwig. Am 26. April wird es genau 26 Jahre her sein, dass die Katastrophe von Tschernobyl die Welt erschütterte. Lange vorbei? Längst nicht mehr überall präsent und von vielen vielleicht schon vergessen?

Die Initiative Tschernobyl-Kinder widmet dem Unglück von damals jedoch immer noch viel Aufmerksamkeit, hat das Land und die Menschen in Weißrussland nicht vergessen. Die Arbeit der engagierten Mitglieder bedeutet: Soziale und bildungspolitische Projekte vor allen Dingen mit jungen Menschen auf den Weg bringen, medizinische Projekte mit individueller Hilfe ebenso finanzieren wie Weiterbildungsmaßnahmen. Und nicht zuletzt Kontakte und Vertrauen aufbauen und Grenzen überwinden.

Gegründet vor 20 Jahren in Mülheim von Dagmar van Emmerich, fanden sich schnell hilfsbereite Familien auch über die Grenzen der Stadt hinaus. Auch in Kettwig betreuen noch heute drei Familien Kinder, die damals in Tschernobyl lebten. Mittlerweile sind diese Kinder zwar erwachsen, aber: „Tschernobyl ist kein Thema der Vergangenheit“, bekräftigt Dagmar van Emmerich. Die Hilfe geht also bis heute unermüdlich weiter.

„Die Kontakte sind nach wie vor da“, erzählt der Kettwiger Norbert Flör. Im Laufe der Jahre entwickelte sich eine tiefe Verbundenheit und familiäre Bindungen zwischen den Gasteltern und den einstigen Kindern.

Mascha, heute 25, kam vor zwölf Jahren zum ersten Mal zu Norbert Flör und seiner Familie. Damals sei sie sehr verschlossen gewesen, erinnert sich der „Ersatzpapa“, zumal Mascha befürchtete, sie würde zur Adoption freigegeben. Dabei wollte sie nie raus aus ihrem Heimatland. Nachdem ihr diese unbegründete Angst genommen wurde, reiste das Mädchen mindestens einmal - manchmal auch zweimal im Jahr - von der Ukraine nach Kettwig.

Heute ist Mascha eine junge, erwachsene Frau, hat in einem Kindergarten gearbeitet und möchte demnächst Jura studieren. Ihr Deutsch ist perfekt, von Schüchternheit keine Spur mehr.

Mascha ist längst nicht die einzige, die noch heute regelmäßig zu Besuch in Deutschland ist. Und die Möglichkeit, die Kinder und Jugendlichen hier zur Erholung unterzubringen, ist längst nicht die einzige Aufgabe, die sich die Initiative damals zum Ziel gesetzt hatte. „Nach Tschernobyl war Weißrussland abgeschottet. Wir wollten Kindern, die uns aus dem Waisenhaus vertraut waren, Geborgenheit und Aufmerksamkeit schenken“, sagt Dagmar van Emmerich.

Seit der Geburtsstunde der Initiative Tschernobyl-Kinder konnten die unterschiedlichsten Projekte verwirklicht werden. Unter anderem wurden ein Behindertenzentrum und ein Waisenhaus in der Region, in der sich das Unglück damals ereignete, erbaut.

Mit dem Ergebnis, dass sich die Lebensverhältnisse der dort lebenden Menschen deutlich verbessert haben.