Essen-Werden. Die Zeit wird knapp. Nachdem sich der NRW-Landtag nach gescheiterter Einigung über den aktuellen Haushalt am 14. März aufgelöst hat, haben die Parteien lediglich 60 Tage Zeit, sich potenziellen Wählern mit Parteien und Kandidaten zu empfehlen. Der nächste Urnengang findet am 13. Mai statt.

„Zurzeit herrscht eine unwahrscheinliche Hektik.“ Daniel Behmenburg, Fraktionsvorsitzender der SPD in der BV IX, Jura-Student und nebenbei auch noch Mitarbeiter des Europa-Abgeordneten Jens Geier, kann sich über mangelnde politische Beschäftigung derzeit nicht beklagen. Ihm blieb nicht einmal die Zeit, sich die Wahl des neuen Bundespräsidenten live anzuschauen. „Wir müssen ein straffes Pensum abarbeiten.“

Denn bevor der kurze Wahlkampf beginnen kann, braucht die Partei schließlich Kandidaten: Direkt- und Listenmandate werden wie bei Bundestagswahlen getrennt vergeben. Vorher stehen ausführliche Beratungen an. Zunächst müssen in dieser Woche auf Ortsvereinsebene Wahlmänner- und frauen bestimmt werden, die dann am Montag, 26. März, über die Bewerber für einen Sessel in Düsseldorf befinden. Das letzte Wort hat der Landesparteitag. Wahrscheinlich ist, dass Peter Weckmann, der beim letzten Urnengang nur mit wenigen Prozentpunkten an seinem Kontrahenten Manfred Kuhmichel (CDU) vorbei geschliddert war, erneut seinen Hut für den Wahlkreis Essen 4 (Süd) in den Ring werfen wird.

Auch die zweite, an der Minderheitsregierung beteiligte Partei Bündnis 90/Grüne, gibt in dieser Woche ordentlich Gas. Vor der Landesdelegiertenkonferenz, vorgesehen für das Wochenende vom 30. März bis 1. April in Essen, muss feststehen, wen die Partei ins Rennen schickt. 23 Abgeordnete stellen die Grünen derzeit. Aktuelle Umfragen verheißen den einen oder anderen Sitz mehr. Aber davon möchte Stefanie Hansmeier-Maas, Mitglied im Essener Kreisvorstand nichts wissen. „Wenn wir den selben Wert wie 2010 erreichen, wären wir absolut zufrieden“. Damals landeten die Grünen bei knapp über 10 Prozent. „Alles was darüber hinaus ginge, würde uns natürlich total freuen.“ Und dabei helfen, das Experiment der Minderheitsregierung auf ein stabiles parlamentarisches Fundament zu hieven. „Silvia Löhrmann und Hannelore Kraft konnten einige wesentliche Forderungen Grüner Politik umsetzen“, davon ist die Fischlakerin überzeugt. „Stolz sind wir besonders auf die Abschaffung der Studiengebühren. Bildung ist ein Menschenrecht, das nichts mit dem Einkommensniveau tun haben darf.“ Am Mittwoch kommt der Kreisverband zur Kandidatenkür zusammen. Stefanie Hansmeier-Maas wünscht sich, dass die bisherige Fraktion in gleicher Besetzung weiterarbeiten kann. Ihren Vorstellungen gemäß stünde Mehrdad Mostofizadeh erneut auf einem aussichtsreichen Platz auf der Landesliste.

Besondere Leidensfähigkeit muss Klaus Budde bei jedem Blick auf aktuelle Umfragewerte aufbringen. „Wenn ich durch Werden laufe, werde ich schon mal bedauernd angeguckt“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Rat der Stadt. „Aber ich bin ein positiv denkender Mensch. Und voll motiviert.“ Den neuen Landesvorsitzenden Christian Lindner beurteilt er als Hoffnungsträger. „Ich habe ihn vor 14 Tage kennengelernt, zu einem Zeitpunkt, als noch gar nicht klar war, dass er unsere Partei in den Wahlkampf führen wird. Er verfügt über eine fantastische Redegabe und hat das Zeug dazu, uns aus dem Stimmungstief zu helfen.“ Eine Persönlichkeit allein reicht aber nicht aus, dass die Liberalen wieder in den Landtag einziehen. Die Menschen von den Zielen der FDP überzeugen, darin sieht Budde seine Hauptaufgabe in den nächsten Wochen. „NRW braucht auf absehbare Zeit einen ausgeglichenen Haushalt. Wir müssen immer im Hinterkopf behalten, dass wir Schulden an unsere Kinder vererben.“ Budde rechnet fest damit, dass Ralf Witzel, der dem Landtag seit 2000 angehört, bei der Landeswahlversammlung am 1. April erneut aufgestellt wird.

Auch Manfred Kuhmichel (CDU), der 2010 den Essener Südwahlkreis IV hauchdünn gegen seinen SPD-Konkurrenten gewinnen konnte, hat bereits signalisiert, dass er wieder antreten möchte. Hanslothar Kranz, Ortsverbandsvorsitzender und Ratsherr der Christdemokraten, bekam einen entsprechenden Brief Kuhmichels. „Ich denke, dass das Direktmandat möglich ist“, so Kranz. „Aber ich bin schon so lange in der Politik. ich weiß dass unser Souverän, also der Wähler, sowieso macht, was er will.“

Deshalb keine weiteren Spekulationen. Fest steht, dass die CDU Werden zehn Wahlleute in die Wahlkreisvertreterversammlung entsendet. Dafür tritt der Ortsverband am Freitag, 23. März, zusammen. Die Direktkandidaten stehen am Abend des 29. März fest, nachdem die Sitzung auf Kreisverbandsebene im Saalbau beendet sein wird. „Wir wollen einen ordentlichen, fairen Wahlkampf auf die Beine stellen“, betont Kranz.

Mit Budde teilt er die Auffassung, dass die Konsolidierung der Landesfinanzen wichtigstes Thema der kommenden politischen Auseinandersetzungen werden dürfte. Das Ende der Minderheitsregierung komme schließlich nicht von ungefähr. Kranz: „Ich hatte mir gedacht, dass etwas passieren würde. Aber ich war schon erstaunt, wie schnell die letzten Haushaltsverhandlungen gescheitert sind.“