Essen-Werden. Gegen Mittag wird so mancher kleine Tiger oder Bär in seinem Plüschkostüm ins Schwitzen geraten sein. Tatsächlich zeigte sich irgendwann sogar die Sonne von ihrer närrischen Seite und wärmte den Rathausvorplatz tüchtig auf. Die kostenlos ausgeschenkte heiße Erbsensuppe tat ein Übriges.

Werdens Bollerwagen-Umzug erreichte nach seinem Zick-Zack-Kurs durch die Altstadt einen krönenden Höhepunkt, als Zeremonienmeister Peter Gabka von der KG Lindenbeck „den lieben Rüttenscheidern für ihren Rosenmontagszug Werdener Wetter“ wünschte.

Was von da oben von Herzen kam, beantwortete das jecke Publikum unten nicht ganz ohne Häme: „Nicht vergessen, älter als Essen!“

Zum Auftritt des Essener Stadtprinzenpaars improvisierten das Tambourcorps Ruhrperle und die Werdener Spielleute ein ziemlich schmissiges „Heidewitzka, Herr Kapitän“, bevor seine Tollität mit deutlich angegriffen klingender Stimme loben konnte: „Was ihr hier mit euren Bollerwagen macht, ist immer wieder ganz, ganz großartig.“ Wo er Recht hat ...

Beschirmt von der DRK-Ortsgruppe sowie von der Polizei hatte sich der wohl ungewöhnlichste Karnevalsumzug der Umgebung in nicht einmal einer Dreiviertelstunde durch den Ort geschlängelt. Ebenso bissig wie in Düsseldorf oder Köln nahmen die kleinen Wagen politische Ärgernisse aufs Korn.

„Politiker und Spekulanten kassieren die Summe. Der Landwirt hat die Arbeit und ist der Dumme“, hieß es beispielsweise. Den Vogel aber schossen Modellbauer Friedel Seibertz und seine Mitstreiter ab. Ihr Vorschlag. „Statt Parkdeckruine Parkraum für 1000 Stellplätze“ - untergebracht in einem Turm, der die Spitzen der gleich hohen Werdener Gotteshäuser natürlich nicht überragen dürfe.

Nachdem die Lokalmatadore Eugen & Akkordmalocher, soeben von den Hörern von WDR 4 für ihr „Pommes ohne Salz“ auf Platz zwei der beliebtesten Stimmungshits gewählt, „Ohne Freunde geht nix“ gesungen hatten, wurde es für Ingo Kurbjuhn etwas hektisch. Der Seniorenbeauftragte der Bezirksvertretung IX war dem Kinderprinzenpaar Nils I. und Annalena I. auf dem Weg zum Rathausbalkon hinterher gestürzt. „Ich hätte die beiden gerne zu unserer Feier im Ludgeri-Altenheim eingeladen“, erklärt er noch etwas außer Atem. Hektisch wurde in Terminkalendern geblättert, aber leider, am Dienstagvormittag fand sich nicht eine einzige freie Minute mehr.

Wohl aber fanden sich Abnehmer für Freibier und Eintopf, den der Fischlaker Narr Franz Friese im Mönchskostüm unter die Leute brachte. Metzger spendierten Fleischwurst-Häppchen, Flönz und Mettenden. Kein Kind ging ohne prall gefüllte Tüte voller Süßigkeiten nach Hause.

Was man bei der Verpflegung einsparte, landete bevorzugt in der Sammeldose von „Engel“ Margarete Gabka, die sich an diesem Mittag als Himmelsbotin für das Spatzennest, eine Einrichtung des Kinderschutzbunds engagierte.

Überhaupt wimmelte es nur so von stillen Helden. Angefangen bei Thomas Schmiegelts Ersthelfern vom Roten Kreuz über die Polizisten bis hin zu Monika Reich-Püttmann und Erich Reich.

Im tiefsten Vertrauen um die zwar feierfreudigen, dabei aber stets friedlichen Werdener hatte Erich Reich die Haftpflichtversicherung für diese Brauchtumsveranstaltung übernommen.

Im Rampenlicht der Februarsonne legt das Stimmungsduo „Eugen & Akkordmalocher“ hoch über seinem Publikum immer noch ein Schunkellied nach. Den neuesten Hit ließen Eugen Giepen und Klaus Pelizaeus ebenso wenig ungespielt wie den Klassiker: Ohne ihre Weise über die Grawestrott wäre der Werdener Bollerwagenumzug sicherlich nicht komplett.