Essen-Werden. Sie geben ein imposantes Bild ab: jeder einzelne der stattlichen Herren mit den quer gestreiften Krawatten, vor allem aber als Gemeinschaft von Musikern. „Größter Männerchor in Essen und Umgebung“, mit diesem Etikett dürfen sich die Werdener Sangesfreunde völlig zu recht schmücken. 92 der 98 aktiven Mitglieder füllen die Bühne der evangelischen Kirche komplett aus. Und auch im Kirchenschiff findet sich an zwei Abenden hintereinander kein freier Platz.

Platz genommen haben fünf besondere Gäste. Heinz Fleckhaus, 90-jähriges (ausnahmsweise nicht mehr aktives) Mitglied des Chors uns vier Ordensschwestern aus Indien, die an den Kliniken Essen-Süd ehrenamtliche Arbeit leisten, werden besonders herzlich begrüßt. Sie und der Rest des Publikums müssen sich zunächst gedulden, denn bis der Chor unter tosendem Applaus den Weg vom Portal zur Kanzel zurückgelegt hat, vergehen handgestoppte drei Minuten.

Dann stimmt Manfred Vogt, erster Vorsitzender der Sangesfreunde, auf einen stimmungsvollen Adventsabend ein. „Welche andere Mittel als die Musik könnte den Weg zur Besinnung weisen?“, fragt er rhetorisch.

Aus Kehlen unter weißen bis kahlen Häuptern erklingt „Leise rieselt der Schnee“ . Und „Maria durch ein Dornwald ging“ gehört gleichfalls zum Pflichtprogramm.

Aber das Ensemble und seine bestens aufgelegten Begleitmusiker überraschen und verwöhnen auch mit Unterhaltungsmusik des 20. Jahrhunderts. Die beiden Stücke der Operettenkomponisten Nico Dostal und Robert Stolz waren bei aller Feierlichkeit ein beschwingtes Hörvergnügen. Robert Papperts „Friedensglocken“ boten einen modernen Text voller Alltagsbeobachtungen, die hier und da die Grenze zum Banalen zu überschreiten drohten. Als hörenswert erwies sich diese Musik aber zweifellos, stand sie doch in reizvollem Gegensatz zu anderen Beiträgen.

Ein Abend vollerspannender Kontraste

Kontraste setzte dieser Abend nicht nur in Sachen Literatur. Mit dem Essener Gitarren-Duo Stefan Loos und Bernd Steinmann betraten zwei versierte Instrumentalisten das Podium. Klar, die beiden sind Profis, sogar mit eigener Weihnachts-CD und derzeit ausgebucht, also so gut wie nie abseits der Bühne zu finden und entsprechend viel unterwegs.

Wie war das noch mit der besinnlichen Weihnachtszeit. Ihre Auswahl reichte vom frisch arrangierten „Es ist ein Ros’ entsprungen“ bis zum rassig vorgetragenen „Recuerdos de la Alhambra“. „Seht den Gottessohn“ auf die Melodie der englischen Volksweise „Greensleeves“ bezauberte als gelungenes Zusammenspiel mit Sängerin Susanne Hille. Deren ausgesprochen angenehmen Sopran kleideten die Sangesfreunde in umschmeichelnde Klanghüllen. „Panis angelicus“ von César Franck geriet zum akustischen Hochgenuss, auch dank der stets genau austarierten Mischung aus Zurückhaltung und Präsenz der Begleitung von Anke Weinhold an Orgel und Klavier. Michael Katz am Freitag, Philipp Schnettler im Samstagskonzert verliehen mit ihren Trompeten-Soli von der Kanzel aus dem auf einem russischen Vespergesang basierenden „Ich bete an die Macht der Liebe“ exakt das rechte Maß an Feierlichkeit.

Hier ließ der Chor seine vielleicht beeindruckendste gesangliche Leistung des Konzerts hören. Sie verfehlte ihre Wirkung auf das Publikum nicht und wurde mit donnerndem Applaus belohnt, noch bevor das abschließende „Amen“ überhaupt verklungen war.

Als Botschafter des gemeinsamen Musizierens ließen die Werdener Sangesfreunde unter dem Dirigat von Norbert Bunse diesen denkwürdigen Abend nicht enden, ohne das Publikum einzubeziehen.

So verabschiedete man sich mit einem gemeinsamen und besinnlichen Gruß an die „Stille Nacht“ in selbige.