Essen-Werden. In Afrika lernte er, „dass man als Arzt mit ganz einfachen Mitteln Großes bewirken kann“. Professor Dr. Werner Peitsch, bekannt und beliebt nicht nur, als er 21 Jahre Chefchirurg am Katholischen Krankenhaus St. Josef Werden war, leistete jetzt ehrenamtlich in Ghana Entwicklungshilfe der besonderen Art.

Als im vergangenen Jahr der Wissenschaftler, der unter anderem 1992 als erster Chirurg im Ruhrgebiet die endoskopische Leistenbruch-OP riskierte, in den Ruhestand ging und neue Pläne entwickelte, da überraschte ihn Christoph Reimann vom Rotary Club Essen-Baldeney mit der Frage: „Willst Du nicht für einige Wochen nach Afrika gehen, um dort in einem Urwald-Krankenhaus ehrenamtlich für die Menschen zu arbeiten?“

Prof. Peitsch überlegte nur ganz kurz und sagte dann zu. Vorerst stand fest: Einsatzzeit Herbst 2011. Einsatzort: Dodi Papase im Regenwald unweit der Grenze zu Togo.

Zu den Vorbereitungen gehörten auch zehn Impfungen. Den Flug bezahlte „German Rotary Volunteer Doctors e.V.“ Der katholische Bischof in Jasikan hatte um Hilfe gebeten: Die dortige Diözese, etwa so groß wie der Regierungsbezirk Düsseldorf, hat keine In-frastruktur, nur zwei Krankenhäuser, „Mary Therese“ und „St. Joseph“ mit je 70 Betten, und das Land leidet unter gravierendem Ärztemangel.

Prof. Peitsch erfuhr, dass das Land rund 24 Millionen Einwohner hat, davon sind 40 Prozent Christen, 40 Prozent Muslime und 20 Prozent gehören Naturreligionen an.

Ghana gelte als zuverlässige Demokratie, Kinder ab sechs gehen zur Schule, fast alle sprechen ein spezielles Englisch, aber von den Älteren können nur wenige lesen und schreiben. Es gebe in der Region Volta entlang der Grenze nach Togo nur eine Straße, die wegen der Schlaglöcher meist nicht den Namen verdient, denn sie ist nicht befestigt „und es regnet jeden Tag“.

Aus Belgien wurde ein Notarztwagen gespendet, aber der ist kaum einsatzfähig wegen der „schlechten Wegstrecke“. Werner Peitsch wurde am Flughafen in der Hauptstadt Accra von einem robusten Jeep abgeholt, es ging über Stock und Stein fast sieben Stunden lang durch den tropischen Regenwald.

Das Krankenhaus „Mary Therese“ besteht aus mehreren Bungalows - einer davon steht den Ärzten zur Verfügung, denn Hotels u.ä. gibt es nicht, auch weder Küche noch Wäscherei für die Patienten. „Das wird alles von Angehörigen vor Ort gemacht“ - daran gewöhnte sich der Mediziner aus Werden. Auch daran, dass es „vier Wochen lang immer nur Hähnchenkeulen zu essen gab“. In der Gegend dort gibt es kein anderes Fleisch. Die Hühner laufen aber überall frei herum, „bis an die OP-Tür“, das sei für europäische Gemüter schon ziemlich gewöhnungsbedürftig.

Rotary schickt jeweils zwei Ärzte dorthin: einen Chirurgen und einen Gynäkologen. Manchmal zusätzlich einen Augen- oder Kinderarzt. Pflegepersonal, so Peitsch, „steht in genügendem Maße bereit“.

Und Patienten? Jährlich werden ca. 15 000 Patienten ambulant behandelt, und das läuft so ab: Bevor wieder deutsche Ärzte ankommen, geht die Kunde wie ein Lauffeuer durch den Urwald, aus allen Hütten weither kommen die Kranken und lagern vor dem Krankenhaus.

„Da geht es zu wie auf einem Markt“, sagt Werner Peitsch, „die Menschen kochen an offenen Feuerstellen im Erdboden, versorgen sich und die Patienten selbst, handeln auch untereinander und sind friedlich und geduldig“. Zwei Assistenzärzte, jung und noch unerfahren, packen aber mit an.

Prof. Peitsch und der Gynäkologe Dr. Rasso Kaut aus Augsburg führten während ihres Aufenthalts 55 Operationen durch, wobei der Eine dem Anderen assistierte. Lächelt sagt der Werdener Arzt: „Ich kann jetzt perfekt eine Kaiserschnitt-Entbindung“. Und dann lächelt er nicht mehr: „Wir hatten keine einzige Wundinfektion!“

Die Ausstattung des Krankenhauses sowie die Medikamente sind Spenden von Rotary. „Wir konnten operieren wie zu Hause“, sagt Werner Peitsch. Allerdings ohne Klimaanlage. An der Decke drehte sich lediglich ein Ventilator. Das Land hat eine Standard-Temperatur von 32 Grad und hohe Luftfeuchtigkeit.

Es gibt kein Fernsehen , kein Radio, kein Internet, kein SMS und keine Zeitung. Wer sind die Ärzte, die dort ehrenamtlich wochenlang schuften? „Frisch emeritierte Chefärzte und pensionierte Bundeswehr-Ärzte“, antwortet der Werdener vom Plattenweiler Waldrand.

Ob er im nächsten März wieder nach Ghana gehen könne, wurde er jetzt gefragt. Peitsch: „Nein, das würde all meine Pläne durchkreuzen. Aber vielleicht gehe ich mal zu einem Einsatz nach Nepal.“