Werden/Bredeney. .

Spektakuläre Funde aus der Frühzeit der Abtei Werden vermeldeten die Experten des Bredeneyer Unternehmens Archbau, als sie zu Ostern die Ausgrabungen in der Baugrube der künftigen Folkwang-Musikbibliothek beendet. Seitdem werden die Funde in Bredeney und Bonn ausgewertet. Wann die beendet sein wird? „Fragen Sie mich in einem Jahr noch mal“, sagt Archäologin Cordula Brand. Aber dann hat sie uns die ersten Funde doch schon mal gezeigt.

Zehn M;onate hatte das bis zu 16 Personen starke Archbau-Team in der Baugrube gesucht. Unter den Mauern des Gefängnisses, das die Preussen nach der Verstaatlichung („Säkularisierung“) des Kirchenbesitzes dort gebaut hatten, hofften sie Reste der Abteigebäude aus dem Mittelalter zu finden: zugeschüttete Keller oder Wasserleitungen, in dessen Umfeld Archäologen besonders oft fündig werden.

Doch die eigentliche Sensation fanden sie noch eine Schicht tiefer. Unter den Kellern der Abtei lag ein verschlammter Fischteich mit einem Fischwehr, aus dem die Mönche noch zu Zeiten des Heiligen Ludgers im 9. Jahrhundert Fische gezogen und in die Pfanne gehauen haben könnten. Das zehn Meter lange Fischwehr, das unter Cordula Brands Aufsicht aus dem Morast frei gelegt wurde, gilt als das älteste in Deutschland. „Die Funde zeigen, dass das Wehr irgendwann umgekippt ist. Die Mönche haben sich nicht die Mühe gemacht, es zu bergen, und einfach ein neues gebaut. So ist es erhalten geblieben“, erklärt die Experten den spektakulären Fund.

Ausgerechnet von diesem ältesten Fund ist der Nachwelt nichts erhalten geblieben. „Holz,das so lange unter Luftabschluss gelegen hat, zerbröselt uns unter den Fingern“, sagt Cordula Brand. Ein Abguss des 10 mal 2,50 Meter großen Gitters wäre extrem aufwändig gewesen. So mussten die Forscher sich damit begnügen, das Wehr im Maßstab 1:10 auf Zeichnungen zu dokumentieren, damit es später rekonstruiert werden kann. „Vom Wissenschaftlichen her wäre es toll gewesen, das Teil zu erhalten.“

Andere Holzstücke wurden konserviert, unter anderem bei einer niederländischen Firma, die die Hölzer „zwei Jahre lang wie Heringe einlegt“, beschreibt Brand das Verfahren. Kleinere Holzfunde und Lederstücke gingen ans rheinische Landesmuseum in Bonn (siehe Kasten). Darunter auch das „Lieblingsstück“ der Bredeneyer Archäologen: ein gedrechselter Holzteller aus karolingischer Zeit. Aus den Lederstücken, hofft Cordula Brand, lassen sich vielleicht sogar Rückschlüsse ziehen auf die Schuhmode des frühen Mittelalters.

Cordula Brand selbst arbeitet in Bredeney an den so genannten Kleinfunden: Scherben aus Glas, Keramik und Stein. Sie hat sie bereits gesäubert und gesichtet. Jetzt kommt die mühsame und langwierige Arbeit: „Jedes Stück muss einzeln beschriftet, beschrieben und datiert werden.“ In einem Steinkeller aus dem 13. Jahrhunderts fanden die Experten Amphoren und Röhrenkannen, wie sie seit Ende des 9. Jahrhunderts verwendet wurden. So alt sind die Werdener Funde nicht. Cordula Brand datiert sie auf das 12. oder 13. Jahrhundert.

Eine weitere Fund-Grube war eine verlassene Wasserleitung, in dessen Umfeld frühes Fensterglas und Reste von Trinkgefäßen aus Glas entdeckt wurden. Weil es auch im Mittelalter Modeerscheinungen gab, kann Cordula Brand die Scherben von Bechern mit Hilfe von Vergleichen auf das 15. und 16. Jahrhundert datieren.

Was Laien nicht ahnen, aber Archäologen nur zu gut wissen: Das Auswerten der archäologischen Funde dauert viel länger als das Ausbuddeln. Mit einem Jahr ist die Arbeit eigentlich noch knapp bemessen, sagt Brand. Aber: „Es gibt ja noch andere Baustellen.“