Essen-Werden. Wenn sich Glockenläuten, Weihrauch- und Popcornduft vermischen, feiert Werden Ludgerusfest. Im Rahmen ihrer derzeit eingeschränkten Möglichkeiten herausgeputzt, ehrt die Abteistadt ihren Gründer, der Blau auf Gelb die Segensfinger von überall flatternden Bannern herabstreckt.

Schwül drückt der Spätsommer auf die Prozession, die mit Verspätung die Propsteikirche nach dem Pontifikalamt verlässt. Hinter dem kostbaren Schrein bahnt sie sich ihren Weg zur Zwischenstation evangelische Kirche.

Nach Gemeinsamkeiten
der Konfessionen fragen

Dort ist der musikalische Gottesdienst mit dem Männergesangsverein Constatia gerade zu Ende gegangen, das Küsterehepaar Ida und Eduard Krenz sowie der ökumenische Arbeitskreis treffen letzte Vorbereitungen für die Statio. Publikum verteilt sich auf die besten Plätze im und um den Kirchpark. Pech haben zwei Zeitgenossen, die trotz deutliche sichtbaren Halteverbots ihre Audis vor dem Gotteshaus abgestellt haben. Einer ist mit weißen Schleifen geschmückt, das Knöllchen gibt’s als Hochzeitsgeschenk.

Die Begrüßungsfanfare des evangelischen Posaunenchors und Klänge des nahenden Festzugs treffen sich auf halbem Weg und werden zur ökumenischen Kakophonie. Es bleibt bei diesen wenigen, rein musikalischen Misstönen.

Als Krenz um kurz nach zwölf die alte Glocke der evangelischen Gemeinde von 1632 läutet, hört man den ersten Donnerschlag. Bange Blicke richten sich gen Himmel. Noch ist er blau. Und warm ist es, 25 Grad behauptet das eine, gar 30 das andere Thermometer. Messdiener fächeln sich Luft zu. Gut, dass das gelb gebundene Liederheftchen zur Hand ist. Der kostbare Schrein ruht auf einem schlichten, weißumhangenen Altar vor dem Kirchenportal. Die sechs Träger verschnaufen. „Sonne der Gerechtigkeit“ singen Christen beider Konfessionen. In seiner kurzen Predigt erinnerte Stadtsuperintendent Irmenfried Mundt an Liudgers friedliche Missionstätigkeit als Wurzel des Glaubens. „Wir dürfen nicht aufhören, nach dem Gemeinsamen zu suchen“, so der evangelische Seelsorger. Die Stimmung changiert zwischen quirlig und andächtig.

Allmählich frischt der Wind auf. Dass dem Posaunenchor keine Noten durch die Gegend fliegen, liegt nur an ausreichend vorhandenen Wäscheklammern. Bei Abzug der Prozession weht es schon deutlich heftiger. Ein Gewitter kündigt sich an. Dennoch geht es gemessenen Schritts zurück zur romanischen Basilika.

Vorsorglich hat sich der Lions Club Essen-Ludgerus Zelte für seinen Stand besorgt. Die Mitglieder verteilen Luftballons an Kinder, verkaufen Schokoriegel mit naheliegendem Markennamen und sammeln Geld. Damit der Ludgerusbrunnen endlich wieder sprudeln kann.

Kontrastprogramm wenige hundert Meter entfernt auf der Kirmes: Das „Geister-Hotel“ verspricht gepflegten Grusel für zweifünfzig, Waffeln werden gewendet und Julia Roberts grinst mit makellos-breitem Mundwerk vom „Flying Star“ aus Lippstadt-Erwitte. Der sei „ein toller Spaß für die ganze Familie“, meint jedenfalls der Mann mit Chips und Wechselgeld. Nebenan soll man „Braukunst für Weißbierkenner“ genießen. Heimisches Pils gibt’s in der Flasche.

Guter Deal mit
den Wetterköchen

Die Werdener haben mit den Wetterköchen einen richtig guten Deal gemacht. Es ist kurz vor eins, soeben hat der letzte Prozessionsteilnehmer seinen Fuß über die Schwelle von St. Ludgerus gesetzt, da bricht das Unwetter los. Alle sitzen im Trockenen als es kurz aber heftig gießt, blitzt und donnert.

Nicht einmal das Weihrauchfässchen hat einen Tropfen abbekommen. Und auch das Popcorn bleibt knackig.