Kettwig. Sie kamen vor knapp 50 Jahren nach Deutschland. Griechische Gastarbeiter. Hundertausende waren es damals. Viele sind zurück in die Heimat, viele haben aus der Fremde ihre Heimat gemacht - für viele wurde Kettwig zur Heimat.
Viele Unterstützer
„Spurensuche. Die Griechen von Kettwig" - Ausstellung auf dem wollboden im Kreativ.Quartier Scheidtsche Hallen, Ringstraße 51, Tor 1 in Kettwig.
Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 30. Mai jeweils dienstags bis sonntags von 15 bis 20 Uhr.Iniatoren: Dr. Gabriele Scheidt, Heinz Schnetger, Grundstücksgesellschaft Kettwig, Essen.Kurator: Dr. Manuel Gogos, Bonn.Ausstellungsteam: Justus Herrmann, migration-audio-archiv, Köln (Gestaltung), Irini Kapouniaridou (Interviews, Sammlung, Übersetzung), Maria Palatianou (Design).Unterstützer: Dr. Hans-Gerd Engelhardt, Kettwiger Museums- und Geschichtsfreunde, Dr. Ulrich Soénius, Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln, Grundstücksgesellschaft Kettwig.Fotografie: Wolfgang Kleber, Kosmas Lazaridis.
Die Geschichte der Griechen von Kettwig arbeitet die Ausstellung „Spurensuche" auf. Sie gehört zu den Local Heroes-Projekten von Ruhr.2010 - wurde initiiert vom Kettwiger Verein Stadt.Land.Ruhr.2010 und am Freitag offiziell eröffnet.Die Nähe ist spürbar
„Den Kettwiger Griechen gilt unser besonderer Dank" sagt Dr. Gabriele Scheidt in ihrer Eröffnungsrede. Sie ist Gesellschafterin der Grundstücksgesellschaft Kettwig und gemeinsam mit ihrem Bruder Johann Wilhelm Scheidt hat sie die Entstehung von „Spurensuche" begleitet. Die Unternehmer-Familie Scheidt war damals wichtigster Arbeitgeber der Familien aus dem Süden Europas. Und Dr. Scheidt dankte auch dafür, „dass sie ihre Lebensgeschichten vertrauensvoll in fremde Hände gegeben haben".
Dieses Vertrauen macht „Spurensuche" so erlebenswert. Es sind die persönlichen Schicksale, die die Ausstellung greifbar macht. Eingepasst in den historischen Kontext, doch immer sind es einzelnde, geradezu intime Fragmente, die faszinieren und berühren. Behutsam und überaus kundig sind die Ausstellungsmacher zu Werke gegangen - und ihre griechischen Interviewpartner haben erstaunlich viel Nähe zugelassen. Eine Nähe, die bei jedem Exponat, jedem Foto, jedem Zitat spürbar ist.
Die Ausstellung lehrt, was Abschied und Ankunft bedeutet, was Leben zwischen den Welten, zwischen zwei Ländern und Kulturen an Zerrisenheit verursacht. Aber sie zeigt auch den Willen zum Ankommen, die Toleranz und die Gastfreundschaft der griechischen Familien. Sie berichtet von Traditionen und davon, dass ein griechisches Wohnzimmer in Deutschland deutscher sein kann als ein deutsches.
Immer parallel laufen die Fäden der Scheidtschen Firmengeschichte. Immer eng verwoben und 1964 und 1974 abrupt getrennt.
Die Griechen von Kettwig haben sehr deutliche Spuren hinterlassen. Sie sind Mitbürger und waren schon integriert, als man über diesen Begriff noch nicht einmal nachdachte. Die Ausstellung ist nicht eines dieser kopflastigen Projekte, die Ruhr.2010 manches Mal so schwer verdaulich und schwer begreifbar machen. Sie ist ein wertvolles Projekt, das ein wichtiges Stück Ruhrgebietsgeschichte visualisiert. Sie zeigt, wie zusammenwuchs, was nicht mehr trennbar ist.
Ohne Verlust der eigenen Identität wurden aus den Griechen schlicht Kettwiger.
ZITATE
Ich erinnere mich nicht daran, je den Gedanken gehabt zu haben, warum lebe ich hier. Auch heute noch, wo ich schon 58 Jahre alt bin...Wenn ich noch einmal geboren würde und noch einmal auf diese Welt käme, dann würde ich mir die gleiche Mutter, die gleichen Eltern wünschen, die gleichen Geschwister und die gleiche Heimat. Und ich würde wieder hier leben wollen, so wie ich es getan habe.
Evangelos Tetos
Wenn man das erste Mal das Dorf verlässt, dann hat das eine große Bedeutung. Egal wohin man geht, ob Deutschland oder Athen.Nikos Polidis
Bevor ich ging, habe ich mich noch einmal ordentlich betrunken. Meine Eltern wollten nicht, dass ich gehe. Aber ich sagte, ich werde es machen. Wenn es gut ist, bleibe ich, wenn nicht, komme ich zurück.
Dimitrios Kostelidis
Ich erinnere mich noch immer daran, wie der Zug in der Nacht über die Brücke fährt, und wie die Fenster leuchten. Wer hat so etwas denn schon gesehen? Immer, wenn ich jetzt einen Zug sehe, kommt mir dieses Bild in den Kopf.
Bassiliki Polidis
Wir gingen oft einkaufen, wir holten uns Mäntel, Jacken, haben viel neu gekauft und auch viel nach Griechenland geschickt. Für uns haben wir zuerst Kochtöpfe gekauft, damit wir Essen machen konnten, und Teller und Besteck auch, wir hatten ja nichts.
Pagona Kostelidis
Ich erinnere mich an die Kinder, wie sie manchmal riefen: Mensch Papa, in Österreich hast du gesagt, wir halten, damit wir zur Toilette können, in Jugoslawien dann auch, und jetzt sind wir schon in Griechenland und du hast immer noch nicht angehalten.
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