Essen-Fischlaken. Der Bergfriedhof in Fischlaken bietet Rehen, Füchsen und anderen Tieren ein reich gedecktes Nahrungsbuffet. Ein Gang über die parkartige Anlage.

Sanft legt sich am Ende des Tages die Dämmerung über rund 8000 Gräber des Bergfriedhofs in Fischlaken. Die letzten Besucher sind gegangen. Stille zieht auf dem idyllischen Gelände zwischen den bis zu 100 Jahre alten Buchen, Eichen und Ahornbäumen ein. Doch mit der Dunkelheit erwacht auch neues Leben.

Denn jetzt ist die Zeit für viele tierische Bewohner des parkähnlichen Friedhofs gekommen. Sie haben ihren eigenen Lebensraum auf dem 13,77 Hektar großen Gelände gefunden. Ein kleines Naturparadies.

Friedhöfe sind nicht nur Ruheoasen für Menschen

Ein im Dickicht versteckter Fuchsbau. Füchse ernähren sich überwiegend von Mäusen und bekämpfen so eine Überpopulation der kleinen Nager.
Ein im Dickicht versteckter Fuchsbau. Füchse ernähren sich überwiegend von Mäusen und bekämpfen so eine Überpopulation der kleinen Nager. © Kerstin Kokoska

Bernd Frömming (58) von der Essener Friedhofsverwaltung: „Unsere Friedhöfe sind nicht nur Ruheoasen für Menschen, sondern auch ein Biotop für heimische Tiere.“ So finden Rehe, Füchse, Dachse, Marder, Hasen, Vögel oder Fledermäuse auf dem Bergfriedhof ein reich gedecktes „Nahrungsbuffet“.

Wer genau hinschaut, entdeckt – hinter Efeu versteckt – den Eingang zu einem unterirdischen Fuchsbau. Hier zieht die Fähe im Frühjahr bis zu sechs Jungtiere auf. Füchse ernähren sich überwiegend von Mäusen und bekämpfen so eine Überpopulation der kleinen Nager. Diese stehen übrigens auch bei Käuzen und Eulen auf der Speisekarte. Gerne sitzen die nächtlichen Jäger bei Dunkelheit in den 30 Meter hohen Bäumen des Bergfriedhofs und halten nach ihrer Beute Ausschau.

Ultraschallgeräte gegen unerwünschten Blumenfraß

Gegen Blumenfraß soll diese Ultraschallanlage auf dem Grab helfen.
Gegen Blumenfraß soll diese Ultraschallanlage auf dem Grab helfen. © Kerstin Kokoska

Dagegen sind Rehe, die aus dem angrenzenden Wald kommen, reine Vegetarier. Ihre kulinarischen Vorlieben sorgen allerdings häufiger mal für Ärger. Friedhofsleiterin Heike Lewandowski (49): „Leider knabbern Rehe immer wieder die zarten Knospen der Rosen und Stiefmütterchen auf unseren Gräbern ab. Einmal hatte eine Witwe abends ein Herz aus Rosen auf das Grab ihres frisch verstorbenen Mannes gelegt. Am nächsten Morgen waren alle Blüten weg.“

Deshalb greifen manche Grabnutzer zu eigenen Maßnahmen. Während einige Ruhestätten durch Netze geschützt werden, steht auf einem der neueren Gräber ein kleines, grünes Ultraschallgerät. Es soll mit speziellen Tonfrequenzen Rehe und Kaninchen von den Blumen abhalten.

Brombeer- und Himbeersträucher sollen Rehe anlocken

Die Friedhofsverwaltung setzt zusätzlich auf eine erweiterte Speisekarte. Bernd Frömming: „Wir lassen Brombeer- und Himbeersträucher wachsen, damit Rehe auf deren Früchte und Blüten ausweichen“.

Auch interessant

Andere „Grabräuber“ bedienen sich noch speziellerer Methoden. Die schwarzen Krähen lieben eine talghaltige Substanz in Grablichtern. Deshalb schnappen sie sich die kleinen Lämpchen und lassen sie im Flug auf den Boden fallen. Ist die Plastikhülle zersprungen, bedienen sie sich.

Unterstützung durch Nistkästen

In Essen gibt es insgesamt 23 städtische Friedhöfe. Birgit Königs, Sprecherin vom Naturschutzbund NRW: „Je nach Lage findet man hier alle Tiere, die sich in Stadtnähe aufhalten.“ Für sie sei die Kombination aus alten Baumbeständen, kleinen Grünflächen und Gräber mit nahrungsreichem, lockeren Boden ideal.

Die Stadt plant, noch in diesem Jahr einheimische Singvögel mit Nistkästen auf ihren Friedhöfen zu unterstützen.

Nischen bieten Unterschlupf für Fledermäuse und Steinmarder

Bernd Frömmiing, Friedhofsverwaltung, und Friedhofsleiterin Heike Lewandowski vor dem alten Bauernhaus, das heute als Geräteschuppen dient.
Bernd Frömmiing, Friedhofsverwaltung, und Friedhofsleiterin Heike Lewandowski vor dem alten Bauernhaus, das heute als Geräteschuppen dient. © Kerstin Kokoska

Nicht weit vom Eingang des 85 Jahre alten Friedhofs entfernt steht ein leicht verwittertes Gebäude aus Stein. Es erinnert an einen Bauernhof, der in früheren Zeiten an diesem Ort existierte und dient heute zur Aufbewahrung von Arbeitsgeräten. Seine Nischen bieten besonders den Fledermäusen und Steinmardern Unterschlupf.

Aber seit einigen Wochen schwirren hier auch die Honigbienen von Florian Kammann (24) durch die Luft. Der Imker: „Ich habe vier Völker angesiedelt. Sie finden in den Blüten von Linden und Ahornbäumen genügend Pollen und Nektar für ihre Honigproduktion. Auch Eisbegonien, die auf Gräbern wachsen, sind bei den Bienen beliebt“.

Auch interessant