essen-Kettwig. . Vor 15 Jahren wurde der Bürgerbusverein Kettwig gegründet – jetzt konnte der 400 000. Fahrgast geehrt werden: Irmgard Zacher.
Großer Bahnhof für Irmgard Zacher. Die Seniorin ist der mittlerweile 400 000. Fahrgast des Vereins Bürgerbus Kettwig – am Montag wurde sie geehrt. Mit einem dicken Blumenstrauß und einem Geschenkkorb. Überreicht vor dem Kettwiger Rathaus. Mit dabei sind viele der 43 ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrer und ordentlich Polit-Prominenz. Das beeindruckt die Kettwigerin allerdings wenig. Wichtig ist ihr, zu sagen, „dass wir froh sind, den Bürgerbus zu haben“. Und dass die Fahrer immer hilfsbereit seien.
Seit 15 Jahren gibt es den Verein, der sich immer als Ergänzung der Evag-Linien sah. Da, wo der ÖPNV nicht hinfährt, füllt der Bürgerbus auch heute noch die Lücken. CDU-Ratsherr Guntmar Kipphardt, stellvertretender Vorsitzender des Vereins, erinnert sich an die Anfänge: „Im Ausschuss für Stadtplanung habe ich gehört, dass Kupferdreh solch ein Projekt plante. Aber das hat ja dann nicht funktioniert. Ich konnte mir allerdings vorstellen, dass das gut zur Situation in Kettwig passen könnte.“
„Evag hat uns zu Anfang nicht ernst genommen“
Es passt genau. Und im Juni 1999 war er gemeinsam mit Wolfgang Orlowski und Otto Peus in Langenberg zu Gast, um sich anzuschauen, wie das Thema Bürgerbus dort umgesetzt wurde.
Was sie sahen, gefiel den Kettwigern, und Wolfgang Orlowski, der später Vorsitzender des Kettwiger Vereins wurde, kümmerte sich. Orlowski: „Die Evag hat uns am Anfang nicht ernst genommen. Und die damalige Essener Oberbürgermeisterin Annette Jäger befürchtete, dass das nur ein Subventionsgrab werden würde.“
Bürgerschaft nie in Anspruch genommen
Wolfgang Reiniger, ihr Nachfolger im Amt, zeigte mehr Interesse und genehmigte auch die notwendige Bürgschaft über 10 000 Euro. „Aber die haben wir niemals in Anspruch nehmen müssen“, sagt Guntmar Kipphardt.
Und Wolfgang Orlowski ist stolz auf eine Besonderheit: „Wir kommen bis heute ohne städtische Subventionen aus.“ Getragen wird das Projekt Bürgerbus Kettwig durch Sponsoren, durch Werbung auf den Bussen. Allen voran haben die Sparkasse Essen und Rewe Lenk damals Starthilfe geleistet. Und es wird heute materiell und konzeptionell von der Evag unterstützt und durch das Land Nordrhein-Westfalen gefördert.
Zehn Kettwiger gründeten 1999
den Verein Bürgerbus Kettwig
Kurz vor Silvester im Jahr 1999 gründeten zehn Kettwiger den Verein Bürgerbus. Und damit begann eine Erfolgsgeschichte. Ein Blick ins Archiv: Am 17. Mai 2002 wurde der Bürgerbus in Betrieb genommen, und nur zwei Jahre nach der Gründung des Vereins verzeichnete man bereits über 40 000 Fahrgäste. Und: Der Kettwiger Bürgerbus fuhr als einer von wenigen in NRW kostendeckend.
Die Zahlen damals: Im Jahr 2003 ist jeder Kettwiger, statistisch gesehen, mindestens einmal mit dem Bürgerbus gefahren. Durchschnittlich waren es 73 pro Tag. Positiv wirkte sich damals die Streckenänderung aus. So wurden u.a. der hintere Teil der Ruhrstraße und der Hauptstraße angebunden. Im Mai 2006 wird das Vierjährige gefeiert. Fast 200 000 Kilometer hat der 115 PS starke Kleintransporter inzwischen auf dem Tacho und den sechsten Satz Reifen auf den Felgen. Und an nur einem einzigen Tag war er in diesen vier Jahren nicht auf der Straße – am 26. November 2005 blieb der Wagen nach außergewöhnlich starken Schneefällen in der Garage.
Drei Ziele bedient der Bürgerbus
Das Schmachtenbergviertel, Ickten und Vor der Brücke sind auch heute noch die drei Ziele, die der Bürgerbus bedient. Die Tarife: Die Einzelfahrt kostet 2 Euro, den Fünf-Fahrten-Schein gibt’s schon für 6 Euro. Und Kinder unter sechs Jahren, die in Begleitung fahren, zahlen gar nichts.
„Im Moment findet bei unseren Fahrern ein Generationswechsel statt“, sagt Wolfgang Orlowski. Die Fahrer, die damals mit mir angefangen haben, sind jetzt Mitte 70. Und da wird es langsam schwer durch die Gesundheitsprüfung zu kommen, der wir uns regelmäßig unterziehen müssen.“ Doch um neue Fahrerinnen und Fahrer wird er sich wohl keine Sorgen machen müssen, denn für Kettwiger ist der ehrenamtliche Job hinter dem Lenkrad des Bürgerbusses immer Ehrensache gewesen.“
Und so wird sich Wolfgang Orlowskis Wunsch sicherlich erfüllen: „Ich hoffe, dass diese Erfolgsgeschichte weitergeht.“