ESSEN-Werden. . In den Räumen des Vereins „kunstwerden“ haben Flüchtlinge ihre Werke ausgestellt. Die Bilder zeigen schöne Landschaften – und Krieg.

Sami Alsharif weist auf seine Bilder. Titel wie „Tornado auf der Flucht“ oder „Emotionen zwischen Erde und Himmel“ wollen erklärt sein: „Für mich stehen die Menschen zwischen Himmel und Erde. Der Himmel ist sicher und frei.“ Die Erde leider nicht.

Der Flüchtling erläutert, was ihn umtreibt. Sami Alsharif musste seine Heimat Syrien verlassen, als Künstler nahm er wie selbstverständlich auch Malutensilien mit auf seine Flucht. An der Grenze Österreichs durchsuchten Zollbeamte seine Tasche: „Plötzlich wechselte ihre Haltung.“ Aus dem gesichtslosen Elementarteilchen eines großen Flüchtlingsstroms wurde für die Grenzer ein Künstler. Ein Mensch, den sie mit Respekt behandelten.

Sami Alsharif erlebt die positiven Effekte seiner Kunst

Sami Alsharif hat diese positiven Effekte seiner Kunst häufiger erleben dürfen. Er strandete im Zeltdorf Am Volkswald, nach einer Umstrukturierung kam es zu unzähligen Reibereien unter den Bewohnern. Anstelle der Familien wohnten plötzlich nur noch allein reisende Männer unterschiedlichster Herkunft in Heidhausen: „In meinem Zelt fand eine lautstarke Auseinandersetzung statt. Ich wollte mich diesem Stress nicht aussetzen und griff zum Stift.“ Alsharif zeichnete eine großformatige Skizze auf eine Plane: „Die Beobachter waren so irritiert darüber, dass es im Zelt ruhig wurde.“

Sami Alsharif ist einer der Künstler, die nun mit einer viel beachteten Ausstellung in den Räumen von „kunstwerden“ an der Ruhrtalstraße gewürdigt werden.

Positive Gefühle und Anerkennung

Der Verein „Werden hilft“ hatte durch viele Aktionen die Geflüchteten aufgefangen, ihnen positive Gefühle und Anerkennung entgegen gebracht. Auch eine Gruppe kunstaffiner Menschen tat ihren Teil, begeisterte Jung und Alt mit dem Angebot, „frei von der Leber weg“ Kunst zu schaffen.

Nun ein Resümee in einer fulminanten Ausstellung, mit einem gekonnten Spagat von farbenfrohen Bildern und düsteren Momenten.

„In diesen Bildern erkennen wir so viel“

Ulla Lötzer als Vorsitzende von „Werden hilft“ begrüßt die Gäste: „In diesen Bildern erkennen wir so viel. Da sind die schönen Landschaften der Heimat. Da ist aber auch der Krieg.“

Oberbürgermeister Thomas Kufen nimmt den Faden auf: „Niemand verlässt leichtfertig sein Land. Diese Menschen haben Krieg und Leid in ihren Köpfen und Herzen zu uns nach Essen gebracht. Die Flucht ist oft noch gar nicht verarbeitet. Jetzt beginnt die langwierige Aufgabe der Integration. Ein Stresstest für unsere Gesellschaft. Es gibt zwei Beschleuniger der Integration – den Sport, aber auch Kunst und Kultur. “

Es gibt noch viel zu tun, zum Beispiel im Kloster Schuir

Bezirksbürgermeister Michael Bonmann: „So viele haben geholfen und wesentlich dazu beigetragen, dass die Einrichtungen hier im Stadtteil längst nicht so negativ beurteilt wurden wie anderswo. Auch wenn der Volkswald schon Geschichte ist, LVR-Klinik und Löwental bald leergezogen werden: Es gibt noch viel zu tun, zum Beispiel im Kloster Schuir.“

Sozialdezernent Peter Renzel hält sich eher im Hintergrund, betrachtet intensiv die Werke der Flüchtlinge. Der städtische Beigeordnete saugt die friedliche Atmosphäre auf: „Eine schöne, ganz normale und wertschätzende Möglichkeit der Begegnung der Werdener mit unseren neuen Mitbürgern.“

Viele Künstler haben die Deutschlandfahne integriert

Das deutsche Wetter spielt wieder einmal nicht mit, das im Garten aufgebaute prachtvolle Büffet mit orientalischen Genüssen wird notdürftig mit einer improvisieren Zeltstadt geschützt. Auf der Bühne gibt es Musik – und Ulla Lötzer sagt: „Erstaunlich, wie viele Künstler die Deutschlandfahne ins Bild integriert haben. Das sagt viel über ihre Hoffnungen. Wir dürfen sie nicht enttäuschen.“

Die Ausstellung ist am Freitag, 7. Juli von 20 bis 24 Uhr zu sehen. Die Finissage findet am Sonntag, 9. Juli von 15 bis 18 Uhr statt. Dann wird die Videoinstallation „workshop art station“ gezeigt – ein Musik- und Tanzprojekt der Folkwang Universität der Künste unter Leitung von Franziska Kloos und Rahel Löwentraut. Adresse: „kunstwerden“, Ruhrtalstraße 19a/in den Werdener Toren (Tor 2).