Essen-Kettwig. . Riesige Fangzäune werden derzeit an einem Hang an der Ruhrtalstraße zwischen Essen-Kettwig und Essen-Werden installiert – als Schutz vor Steinschlag.
Im Frühjahr 2015 rollten am Mitzwinkel die Felsbrocken. Bis hinunter zur Straße purzelte der Steinschlag. Der öffentliche Verkehr auf der Ruhrtalstraße war gefährdet, daraufhin wurde der Felshang unterhalb des Kettwiger Stadtwaldes von einem Gutachter begangen. Das untersuchte Gebiet verläuft vom Restaurant „Landhaus Rutherbach“ rund 300 Meter in Richtung Kattenturm.
Jetzt wird schon seit vielen Wochen gesichert, denn erhebliche Risiken versteckten sich in der Böschung. So wurden steile, bis zu zehn Meter hohe „Felsausbisse“ festgestellt, die bisher von der Ruhrtalstraße aus nicht zu sehen waren. Der rund 60 Meter hohe Hang bietet Neigungen von bis zu 90 Grad. Hier handelt es sich um ein offizielles Naturdenkmal, denn dort, wo einst der Steinbruch Mitzwinkel war, ist ein geologischer Aufschluss mit einem Kohleflöz kartographiert.
Hang hat Neigung bis zu 90 Grad
Bergbau in Kettwig? Nur noch wenigen ist bekannt, dass auch in der Gartenstadt Stollen in die Erde getrieben wurden. Meistens war es eher ein kleiner Pütt, im Volksmund gerne spöttisch-liebevoll „Zeche eimerweise“ genannt. Gegenüber des Alten Bahnhofs ist ein Stollenmundloch der uralten, 1952 stillgelegten Steinkohlezeche Kanzel zu sehen. Von ihr stammt der Straßenname „Zur Kanzel“ oben auf dem riesigen Felsbrocken. Hier ging es in den Bilsteiner Stollen, darüber findet sich versteckt im Wald ein Tagebruch.
Historisch eine interessante Gegend, aber auch gefährdet. Die im Ruhrtal so steilen Lagerungen bereiten schon Untertage große Probleme, hier müssen die alten Stollen aufwendig verfüllt werden. Wenn aber die Flöze an die Oberfläche treten, ist besondere Vorsicht geboten. Der Gutachter argwöhnte, dass Felssturzrisiken vorhanden sind. Er ermittelte in diesem Bereich also nicht nur lokale Risiken, also kleinere bis mittlere Gesteinsabgänge: Es drohe ein „Komplettversagen“ des Steilhanges. Auf Grund dieses hohen Gefährdungspotentials wurde als Schutzmaßnahme die auf der Ruhrtalstraße erlaubte Höchstgeschwindigkeit im Gefährdungsbereich auf 30 Stundenkilometer reduziert.
Europaweite Ausschreibung
Um aber dauerhaft zukünftige Steinschläge verhindern zu können, muss aufwendig gesichert werden. Für die Umsetzung dieser Maßnahme wurde vom zuständigen Fachbereich Grün und Gruga ein öffentliches, europaweites Ausschreibungsverfahren eingeleitet.
Als Tourist stößt man in den Bergen oft auf Hang- und Böschungssicherungen, die der Stabilisierung von labilen Bereichen dienen. Von daher war es fast logisch, eine Spezialfirma aus dem alpinen Raum zu beauftragen. Nun wurde die Steilwand mittels Fangzäunen und Steinschlagschutznetzen sowie lokalen Einzelankern gegen Steinschlagrisiken gesichert. Nicht wenige Kettwiger fühlen sich an die Zäune des Tyrannosaurus-Geheges im Kinofilm „Jurassic Park“ erinnert. Dinosaurier gibt es bestimmt keine mehr in Kettwig, bleibt nur noch zu hoffen, dass nun auch keine Gefahr mehr vom Steilhang ausgeht...