Essen-Werden. . Weihnachten ist im Islam kein Feiertag. Bei Najibulla Ahmadsadah und seiner Familie steht dennoch ein geschmückter Tannenbaum. Was es damit auf sich hat.
Weihnachten ist im Islam kein Feiertag. Aber wie gehen Muslime, die in unseren Gefilden leben, mit Weihnachten und alldem, was dazugehört, um? Der Weihnachtsbaum, pardon Tannenbaum, Lichterketten, Geschenke und die „Stille Nacht“ sind durchaus geläufig.
Najibulla Ahmadsadah, gebürtig in Afghanistan, seine Frau, die aus Aserbaidschan stammt, ihre Tochter und ihre beiden Söhne, wohnen seit Jahren bei uns. Sind vorbildlich integriert, gebildet, parlieren im exzellenten Deutsch. In der Wohnzimmer-Ecke steht eingestielt die 2,70 Meter große Nordmann-Tanne – alle Jahre wieder. Selbst Tommy, prachtvolles Exemplar einer Perser-Katze, blinzelt bewundernd zu ihr empor. Betrachtet die bunten Kugeln, Lametta, Lichter und Kärtchen. Kommt der Weihnachtsmann also doch? „Nein“ erklärt Najib beim Tee sogleich unmissverständlich, worauf er großen Wert legt: „Die weihnachtlichen Merkmale des Christentums verbinden wir Muslime mehr mit den Feierlichkeiten des Jahreswechsels als mit der Geburt Jesu.“
Opfer- und Zuckerfest
Für Muslime sei Jesus im Koran als großer Prophet bedeutsam, nicht das Weihnachtsfest: „Die Geburt Mohammeds feiern wir auch nicht.“ Weihnachten als Fest der Geburt Jesu sei Muslimen eher fremd. „Wir haben andere Feiertage, die ähnlich wie das Christfest sind, allerdings zu einem anderen Datum, aber Geschenke und Süßigkeiten werden dann auch verteilt. Zum Beispiel beim Opfer- und Zuckerfest: Ich komme zu Dir, esse Weihnachtsplätzchen und ich lade Dich zum Lamm-Schaschlik ein.“
Er erlebe die Weihnachtszeit nicht religiös, sondern kulturell, erklärt der 49-Jährige, der in seinem Heimatland eine Ingenieursausbildung absolvierte und hier als Grüner Bezirksvertreter gewählt ist. Auch spreche man bewusst vom Tannenbaum. Eine Woche vor Jahresabschluss werde er geschmückt. Neujahr liegen dort in der Frühe Geschenke, worauf sich besonders Matin (12) freue.
Besondere Feier zum Jahresende
Am letzten Dezembertag kommen Freunde und Verwandte zu Besuch. 18 Leute sitzen am Tisch. „Wir essen Gans aus dem Backofen mit afghanischem Reis und vielen Salaten, zünden aber keine Raketen“, betont der passionierte Volley- und Fußballspieler. „Ab Mitternacht erzählt jeder in der Runde, was gut und weniger gut in der Jahreszeit geriet und teilt seine künftigen Wünsche, Vorhaben und Hoffnungen mit; darauf trinken wir einen Saft.“ Ahmadsadah: „Die winterliche und weihnachtliche Stimmung gefällt uns Muslimen natürlich auch.“
Aber Weihnachten seien für ihn und seine Familie gewöhnliche drei Tage. Man esse und lebe alltäglich. Nur die besonderen TV-Weihnachtsfilme sehe man. „Jeder hat seine eigene Religion, seine eigene Gedanken, die es zu akzeptieren gilt. Alle verfolgen das Ziel, uns selbst und dem Nächsten Gutes zu tun.“ Das Weltreich sei groß, alle fänden darin ausreichend Platz. „Allah und Gott sind gleich.“ Allah sei sein arabischer Name. „Christen-, Judentum und Islam haben alle Wurzeln von Abraham.“
Weihnachten hat sich Najibulla Ahmadsadah freiwillig zum Dienst gemeldet. „Damit meine Kollegen das Christenfest feiern können.“ Er aber freue sich, den Altenheim-Bewohnern vorlesen, Geschichten erzählen und mit ihnen Lieder singen zu können.