Essen-Werden. . Bis zur Pensionierung arbeitete Miklós Doleviczényi an der Folkwang Schule. Pianist und Klavierbaumeister aber ist er immer geblieben.

Bei vielen Terminen haben wir eine ungefähre Vorstellung davon, was uns erwartet. Beim Treffen mit Miklós Doleviczényi ist das anders. Völlig anders. Wir sind überwältigt. Ja, für ein paar Minuten sogar sprachlos, als uns der Restaurator und Klavierbaumeister die Türen zu seinen Räumlichkeiten in Tor 1 der „Werdener Tore“ öffnet. Was wir dort vorfinden, lässt sich in Worten kaum beschreiben.

Nicht umsonst redet Miklós Doleviczényi von seiner „Traumwelt“, die er sich hier geschaffen hat. Seine persönliche Traumwelt besteht aus knapp 200 Klavieren und einigen Flügeln. Steinway-Pianos aus edlem, glänzendem Schellack reihen sich an zahlreiche, andere Klaviere namhafter Hersteller. Über manchen Stücken liegt eine feine Staubschicht, wieder andere sind mit einer Decke verhüllt.

Besonders die deutschen Instrumente haben es Miklós Doleviczényi angetan. „Schauen Sie mal hier. Ein Traum. Das ist handwerkliche Meisterkunst.“ Doleviczényi zeigt auf ein Tafelklavier von 1860, sein ältestes Schätzchen der Sammlung. Auf solch’ einem Klavier hätte Mozart damals komponiert, informiert uns Doleviczényi.

„Ich liebe die altdeutsche Kultur, die Flügel und Pianos aus der Zeit zwischen 1880 und 1920, der Jugendstil- und Gründerzeit.“ Damals seien die besten Klaviere gebaut worden: „Die klingen nicht nur wie der Teufel, sondern sehen auch noch faszinierend aus.“

Doleviczényi war gerade sechs Jahre alt, als ihm eine seiner Tanten das Klavier-Spielen beibrachte. Ein paar Jahre später besuchte er ein Konservatorium und sammelte gleich seine ersten Preise bei Musikwettbewerben. Das war in Ungarn, wo Miklós Doleviczényi im Jahre 1948 geboren wurde.

Mit 17 verließ er das Land kurzfristig, ging für ein Jahr nach Paris zu seinem Onkel. Zurück in Budapest, gründete er mit Freunden eine Band, deren Sänger es kurze Zeit später nach Düsseldorf zog. Miklós Doleviczényi folgte ihm.

Mitte der Siebziger Jahre wurde Doleviczényi Mitglied der Jazzband „Cabine 6“, die regelmäßig auch im ehemaligen „Alexander“ an der Rüttenscheider Straße auftrat. „Sogar Helge Schneider war damals oft dabei und spielte mit uns“, erinnert sich Doleviczényi und deutet auf alte Schwarz-Weiß-Fotos, die noch an der Werkstatt-Tür hängen.

Ungefähr zu dieser Zeit absolvierte Doleviczényi letztlich auch seine Ausbildung zum Klavierbauer. Für seine Gesellenprüfung musste er einen Flügel restaurieren, an den sich der jetzt 68-Jährige noch heute ganz genau erinnert: „Der Flügel hatte einen Wasserschaden, zudem hatten sich Motten und Mäuse an ihm zu schaffen gemacht“, erzählt der Klavierbaumeister und Pianist. Seine Gesellenprüfung absolvierte er mit der Bestnote, parallel schloss er ein Folkwang-Studium ab.

Wenig später verdiente sich Doleviczényi mit einem Lehrauftrag an der Folkwang Schule seinen Lebensunterhalt. 34 Jahre lang arbeitete er dort als Chorrepetitor für Modernen Tanz – bis er in Rente ging.

Seine beachtliche Sammlung an Flügeln und Klavieren hat sich mit den Jahren „einfach so angesammelt“. An die Instrumente mit den schwarzen und weißen Tasten kam er durch Haushaltsauflösungen, oft aber auch über Kunden und Bekannte. Die räumlichen Kapazitäten sind jedoch schon länger erschöpft. Denn nicht nur die erste Etage, in der sich Doleviczényi eine Werkstatt eingerichtet hat und wo er tagtäglich an den Instrumenten arbeitet, ist voll.

Auch im großen Keller ist kein Platz mehr, nicht mal für nur ein weiteres Piano. „Manchmal werde ich nachts wach und überlege, was ich wohl als nächstes mache“, erzählt der Klavierbauer, der noch vor einem großen Berg voll Arbeit steht.

Idee: ein Klaviermuseum

Sein Hauptaugenmerk liegt derzeit auf einem Steinway-Flügel von 1910, den er schon länger in liebevoller und stundenlanger Handarbeit restauriert. Ist das alte Schätzchen eines Tages generalüberholt, könnte er es für um die 30 000 Euro verkaufen. Wann und ob er das edle Piano aber überhaupt hergeben würde, das steht auf einem anderen Blatt Papier.

Womöglich könnte der Steinway-Flügel auch zu einem Highlight eines Klaviermuseums werden. Gemeinsam mit seinem Vermieter Alfred Hartig überlegt Doleviczényi, in naher Zukunft ein Museum in den Werdener Toren zu errichten.