Essen-Kettwig. . Hegering-Chef Mann warnt: Wenn der Bock die Ricke fast blind vor Liebe vor sich hertreibt, erhöht das die Gefahr von Wildunfällen.

Juli ist’s und bald August. Die Sonne scheint, endlich so was wie Sommer. Die Menschen sind in der Regel von Glücksgefühlen beseelt, und auch in der Tierwelt tut sich was – beim Rehwild etwa tanzen die Hormone aus der Reihe. Wenn der Bock auf „Brautschau“ geht, die brünftige Ricke in eindeutiger Absicht vor sich hertreibt, um sie zu beschlagen, ist die „Blattzeit“ angebrochen, wie der Jäger sagt.

Ein durch und durch natürliches Verhalten, das aber auch allerlei Probleme mit sich bringt. Denn in Tagen wie diesen ist das ansonsten eher scheue Rehwild nahezu außer Rand und Band, und genau das kann wirklich gefährlich werden. Jäger, Förster, Polizei: Sie allen warnen eindringlich vor einer deutlich erhöhten Unfallgefahr, was auch Hans-Bernhard Mann nur bestätigen kann, der Vorsitzende des Kettwiger Hegerings. „Liebestolle Rehe sind derzeit keine Seltenheit.“

Im Grund müsse man momentan gerade in ländlichen Gegenden anders als sonst fast rund um die Uhr damit rechnen, dass sie plötzlich auf der Straße stehen.

Mendener Straße, Laupendahler Landstraße, die August-Thyssen-Straße, die Ruhrtal- und natürlich die Meisenburgstraße. Wo viele und oft sogar sehr viele Autos unterwegs sind, da seien Wildunfälle derzeit zumindest noch wahrscheinlicher. „Gerade vor wenigen Tagen erst wurde an der Meisenburgstraße ein weibliches Stück überfahren“, so der „noch 66-Jährige“. Eigentlich war das Tier zu jung, um ‘nem Rehbock Hörner aufzusetzen, „genau aber kann ich das auch nicht sagen“.

So bittet Mann natürlich auch im Namen seiner Kollegen alle Auto-, Motorrad- oder auch Radfahrer inständig, bis zum Ende des Sommers auch im eigenen Interesse noch wachsamer zu sein als ohnehin und vor allem auch Rücksicht aufs Wild zu nehmen. „Man steckt halt nicht drin in so einem Reh.“

Dass Menschen, auch mit Hunden, in der Natur spazieren gehen, dagegen sei natürlich gar nichts zu sagen. Gleichwohl appelliert der Hegering-Chef an alle, nur markierte Wege zu benutzen und nicht ins Unterholz vorzurücken, um das Rehwild nicht noch unruhiger zu machen. Obschon es gesetzlich nicht vorgeschrieben sei, sollten zudem die Hundehalter ihre Vierbeiner stets an der Leine lassen, denn hier und da würden auch Kitze von Hunden gerissen.

Wie seine Jagdkollegen setzt auch Hans-Bernhard Mann auf Verständnis. Übrigens: Das Fleisch überfahrener oder verendeter Tiere ist nichts für den Ofen oder die Pfanne und gehört zudem dem Revierinhaber, der es fachmännisch entsorgt. Wer Interesse an Wildbret hat, kann und sollte sich einfach bei der Kreisjägerschaft erkundigen(www.ljv-nrw.de).

Was tun, wenn’s passiert ist?

Einen Wildunfall wünscht sich wirklich niemand, gleichwohl passiert so etwas immer wieder, gerade jetzt, gerade in der „Blattzeit“ ist das Risiko hoch. Was aber ist zu tun, wenn einem etwa ein Reh vors oder gar ins Auto läuft?

Wer bremsen kann, sollte das tun und versuchen, das Tier durch Hupen zu vertreiben. Ist ein Zusammenprall aber nicht zu vermeiden: Auf keinen Fall hektische Ausweichmanöver starten. Ansonsten gefährdet man sich und mitunter auch andere Verkehrsteilnehmer. Ganz wichtig und alternativlos: Jeder Wildunfall ist meldepflichtig. Hat’s erst gekracht, sollte man zuerst die Unfallstelle absichern, immer die Polizei rufen, oder sich, falls bekannt, direkt an den zuständigen Jagdaufseher wenden. Der ist es auch, der die wichtige Wildunfallbescheinigung ausstellt, denn in der Regel werden derartige Unfälle damit von der Teilkaskoversicherung reguliert.

Vorsicht: „Wilderei“

Streng verboten und auch eine Straftat: ein totes Tier mitnehmen („Wilderei“). Wer ein verletzt flüchtendes Reh nicht meldet, verstößt zudem gegen das Tierschutzgesetz. Der Jäger kümmert sich, stöbert etwa mit Schweißhunden ein verendendes Tier auf und erlöst es im Zweifelsfall von seinen Qualen.