Essen-Werden. . Werdener Mitbürger mit ausländischen Wurzeln und wie sie die Europameisterschaft erleben. Heute: Cristiano Cofano.

Italien gegen Spanien. Im Finale 2012 gab es eine derbe 0:4-Niederlage. Diesmal wird alles besser, meint Cristiano Cofano von der Pizzeria „La Tombola“. Obwohl…

Nationaltrainer Antonio Conte verzichtete freiwillig auf Andrea Pirlo und Mario Balotelli. Im Vorfeld fielen kreative Spieler wie Marchisio, Verratti oder Montolivo aus, Candreva ist ebenfalls verletzt. Doch die Stimmung in der kleinen Backstube an der Brückstraße ist optimistisch. Denn Coach Conte ist ein Held: „Ein Supertrainer, hat aus einer dezimierten Truppe echt was gemacht“. Die Presse hat die Squadra Azzurra von „alte Säcke“ schnell zum Geheimfavoriten umstilisiert. Doch Cofano warnt: „Spanien ist stark!“

Immerhin trägt er selbstbewusst das azurblaue Trikot, Rückennummer 8, Gattuso. Der war gefürchtet bei den Gegenspielern, Cristiano kickte einst in Heidhausen und Werden, war er da eher Kämpfer oder Techniker? Ein feines Lächeln: „Da müsst ihr meine Trainer fragen…“ Radfahren ist sein Hobby, Triathlon auch. Mit den „Cycle Bros. Essen“ trifft sich Cristiano zum Biken, für den guten Zweck wird auch gesammelt, für Palliativmedizin. Im März waren sie im Trainingslager auf Mallorca - ist ja irgendwie auch Spanien.

Die Pizzeria ist in grün-weiß-rot dekoriert, „der Toni“ hockt mittendrin und erzählt. Seine Familie stammt aus Apulien, der „Hacke des Stiefels“. Im Jahr 1962 ging es nach Deutschland, Helga wurde seine Frau, die Söhne Andre und Cristiano kamen, nun machen vier Enkelkinder das Glück komplett. Sohn Cristiano führte zunächst den Schuhladen „Il Ponte“, dann das Restaurant „Incontro“, seit vier Jahren nun „La Tombola“. Der Name stammt vom italienischen Gesellschaftsspiel, ähnlich dem Bingo. Wer eine Pizza bestellt, darf auf eine Zahl zwischen 1 und 90 tippen. Wenn er die zieht, kostet die Pizza nix.

Nun legen sich also die Iberer mit den stolzen Spielern aus Rom, Mailand, Turin an. Stürmische Italiener erarbeiten und vergeben Chance um Chance. Dann kommt ein Freistoß, Familienoberhaupt Toni gibt den Propheten: „Der ist drin.“ Zwar erst im zweiten Nachschuss, aber recht hatte er, der Patriarch. Von jetzt an steigt der emotionale Pegel unablässig. An der Theke brummt es, auch die Pizza-Nachfrage steigt und steigt. Gar nicht so einfach, ein Auge beim Zerteilen, das andere auf dem Bildschirm: Der Italiener an sich fiebert mit, er leidet mit, er muss in die Halbzeit erst einmal Luft schnappen. „Ein heftig geiles Spiel“, japst Cofano und staunt über die bisherige Leistung.

Nun wird’s aber eng, die Spanier drücken. Doch im Kasten steht er, Buffon, hält auch Unhaltbare. „Gigi Nazionale“ skandieren die euphorischen Tifosi: „Unser Nationalheiliger“. Ein 2:0 würde die Nerven beruhigen, doch der Toni rät zur Gelassenheit: „Sollen sich die Spanier austoben, wir machen das Tor ganz spät.“ Wieder liegt er richtig. Nachspielzeit, Graziano Pellè kloppt das Leder in die Maschen, Feierabend, gewonnen, jetzt ist Party angesagt.

Der Toni raucht sich eine und tippt mit festem Blick fürs Spiel gegen Deutschland am Samstag: „Wir gewinnen 2:1, da kannste sicher sein.“ Da gibt sein Sohn ihm gerne recht.