Essen-Kettwig/Vor der Brücke. . Erika Bergheim spricht im Interview über die Höhen und Tiefen als Top-Köchin. Im Laurushaus in Essen-Kettwig lässt sie sich von Spitzenweinen zu neuen Gourmet-Kreationen inspirieren.

Sie genießt weit über die Stadtgrenzen hinaus einen hervorragenden Ruf, gilt als der „stille Star“ unter den Spitzenköchen des Ruhrgebiets: Erika Bergheim (54) kocht seit 1997 im Schlosshotel Hugenpoet, ist seit 2003 Küchenchefin. Mit dem zweiten Restaurant Nero erhielt sie 2009 den Michelin-Stern. Doch der war mit der Schließung 2013 weg. Seit ein paar Wochen gibt es nun das Laurushaus, das vielleicht wieder nach den Sternen greift, während in Kettwig Ende 2016 zwei Sterne erlöschen, wenn das Résidence schließt. Über die Höhen und Tiefen als Top-Köchin sprach Ulrich Dörner mit ihr.

Wie haben Sie die Nachricht aufgenommen, dass das renommierte 2-Sterne-Restaurant Résidence Ende diese Jahres schließen wird?

Das stimmt mich schon sehr traurig. Das Résidence ist eine Institution in Essen. Berthold Bühler wird zwar 65 Jahre alt, und das Leben in der Gourmet-Gastronomie wird nicht einfacher. Aber ich bedauere seinen Schritt auch deswegen sehr, weil damit eine schöne Zusammenarbeit unserer Häuser zu Ende geht. Wir kooperieren, es gibt für Gäste aus ganz Deutschland und aus den Beneluxstaaten unser Arrangement „Schloss und Sterne“. Die Gäste besuchen beide Restaurants, übernachten in einem der beiden Häuser und nehmen an Ausflügen teil.

Im Schloss Hugenpoet geht’s hingegen voran. Nach fast 20 Jahren gehören Sie ja zur Familie.

Ja, ich fühle mich dem Haus sehr verbunden und bin sehr gerne hier. Wenn man morgens nach der Einfahrt zum Schloss die wunderbare Kettwiger Landschaft aufsaugt, taucht man in eine andere Welt ein. Dann wartet natürlich ein durchaus anstrengender Alltag, aber es ist einfach auch ein schöner Arbeitsplatz.

Umso trauriger muss es Sie doch gestimmt haben, als das Nero, in das Sie viel Herzblut investiert haben, im Juli 2013 schließen musste und Sie den Stern zurückgegeben haben. Oder waren Sie auf eine gewisse Art und Weise sogar erleichtert?

Ach, so viel mehr Rummel war das gar nicht. Sicherlich macht man mehr Küchenpartys und wird öfter als Gastköchin eingeladen, aber das hat sich alles im Rahmen gehalten. Insofern war die Schließung des Nero natürlich für alle Beteiligten keine schöne Entscheidung. Man leidet darunter, das will ich nicht verhehlen. Ich persönlich habe mich dann noch mehr in die Arbeit und aufs Hugenpöttchen gestürzt. . .

. . . was ja wiederum ein Selbstläufer ist und auch mit einer durchaus anspruchsvollen Küche aufwartet.

Das Hugenpöttchen sollte immer eine Art Bistro und Brasserie mit lebendiger Atmosphäre sein, mit einer Karte, die alles Mögliche bietet. Das ist bis heute so. Natürlich war mit dem Umzug ins Schloss auch noch mal ein Umbruch verbunden. Aber wir haben das gut hinbekommen, zumal man sich in der Gastronomie ohnehin immer neu einstellen und neu orientieren muss. Wer den Zug der Zeit verpasst, ist selber schuld.

Das heißt, Sie richten sich in Ihrer Küche auch nach Trends?

Man muss immer wachsam sein, und an bestimmten Trends kommt man nicht vorbei. Wir haben auch einen Burger auf unserer Karte, einen Hirschburger mit Endiviensalat und einer Wacholdermayonnaise, also schon einen besonderen, aber eben einen Burger.

Aber Sie jagen nicht jedem Trend bedingungslos hinterher?

Das sicherlich nicht. Ich bevorzuge schon die Klassiker. Ich bin keine Köchin, die sich beispielsweise für die Molekularküche interessiert. Das habe ich auch mal mitgemacht, um das Handwerk kennenzulernen, aber mein Ding ist eben die klassisch-moderne Küche.

Der Stern hat nicht die oberste Priorität

Klassisch-moderne Küche mit exquisitem Anspruch pflegen Sie jetzt auch im neuen Laurushaus. Wer kam auf die Idee, es doch noch mal mit einem weiteren, gehobenen Restaurant zu wagen?

Das war ganz klar ein Auftrag von Baron von Fürstenberg, der ja Geschäftsführer und Eigentümer von Schloss Hugenpoet ist. Er und auch wir wollten noch einmal ein Pendant zum Hugenpöttchen wagen, also eine feine Küche und vor allem diese Art des besonderen Service.

Haben Sie diesen Auftrag also quasi mit Kusshand angenommen?

Das Gute war, dass ich mir mit der Verwirklichung dieses Projekts ein bisschen Zeit lassen und in Ruhe nachdenken konnte. Was mir dabei zugute kam, ist die Tatsache, dass die großen Weinhändler der Stadt, mich zu ihren Spitzenweinen kochen lassen. Also, ich bekomme den Wein und muss exakt dazu etwas kochen. Das mache ich sehr gerne.

Streben Sie mit dem Laurushaus sogar doch wieder die Eroberung eines Sterns an? Oder hat sich das nach dem Nero erledigt?

Na ja, der Stern ist halt eine absolut große Auszeichnung für jeden Koch. Aber das hat nicht die oberste Priorität, es geht in erster Linie um die Gäste. Deren Zuspruch ist die wichtigste Belohnung. Alles andere lasse ich wie immer auf mich zukommen.