Essen-Kettwig. . 360 Legehennen leben in und rund um einen transportablen Stall an der Laupendahler Landstraße.
Auf dem Mühlenbergshof der Kaschinskis kann man schon seit Ewigkeiten frische Kartoffeln und frische Eier kaufen. Ein Schild direkt an der Laupendahler Landstraße weist darauf hin. Altbauer Alfons Kaschinski ist seit Mitte der 1970er Jahre als Kettwiger Eiermann bekannt, denn er ist regelmäßig im Stadtteil auf Verkaufstour unterwegs und hat eine Menge Stammkunden.
Sein Sohn Benedikt ist jetzt einen Schritt weiter gegangen. Direkt nach Ostern wird es auf dem Hof, der zwischen Kettwig und Werden liegt. Eier aus Freilandhaltung geben. Landwirtschaft ist ein schwieriges Geschäft geworden, „und ich habe mir überlegt, in welche Richtung es künftig bei uns gehen soll“, sagt Benedikt Kaschinski.
Die Idee und die Entscheidung: Er ist nun Besitzer eines Hühnermobils, und seit dem 21. Januar leben 360 Legehennen und zehn Hähne in dem transportablen Stall, der im Sommer alle zwei Wochen und im Winter - je nach Witterung - alle drei bis vier Wochen an einen neuen Standort gebracht wird. Die Vorteile liegen für den Jungbauern auf der Hand: „Diese Haltung ist viel artgerechter, denn die Tiere haben freien Auslauf auf unseren Wiesen, und durch das regelmäßige Umsetzen des Stalles wird der Auslauf nicht so matschig und verkotet wie bei einem festen Stall. Und dadurch sind unsere Tiere auch vor Krankheiten besser geschützt.“ Medikamente bekommt das Federvieh der Kaschinskis nämlich nicht. Nur das frische Gras rund ums Hühnermobil und Hennenfutter, das aus Weizen, Soja, Erbsen und Mais besteht.
65 000 Euro kostet das Hühnermobil
65 000 Euro musste Benedikt Kaschinski für das Hühnermobil auf den Tisch legen - und zusätzlich noch einmal einige Tausend Euro für eine Spezialwaage, mit der die Eier in die verschiedenen Gewichtsklassen unterteilt werden können. Zwischen 30 und 43 Cent wird ein Freilandei vom Mühlenbergshof kosten. Und Geschmack und Qualität werden den Preis rechtfertigen - da ist sich der 38-Jährige sicher. „Regionalität ist das neue Bio. Da brauche ich nicht noch ein Siegel.“ Mit Vertretern von Bioland, einem der bedeutendsten Verbände für ökologischen Landbau in Deutschland, habe er sich an einen Tisch gesetzt, aber „es hätte drei Jahre gedauert, um komplett auf Bio umzustellen. Und ich habe auch bei unserem Projekt ein gutes Gefühl.“
Benedikt Kaschinski setzt nicht nur auf den Ab-Hof-Verkauf, sondern will sich auch mit der gehobenen Gastronomie in Verbindung setzen. „Die Freilandeier vom Mühlenbergshof sind ein hochwertiges Produkt. Und Qualität statt Quantität ist der richtige Weg.“
Seine Legehennen gehören zur Rasse Lohmann brown. Gemeinsam mit seiner Frau Michaela, die als Sachbearbeiterin beim RWE arbeitet, hat er sich den Zuchtbetrieb vor Ort angeschaut. Michaela Kaschinski: „Wir waren von der Haltung angenehm überrascht. Hühner sind eigentlich nicht so mein Ding. Immer aufgeregt, immer schreckhaft. Aber unsere Tiere sind total entspannt.“ Sie kümmert sich übrigens in ihrer Freizeit um das zweite Standbein der jungen Kaschinskis. 30 Pferdeboxen werden auf dem Hof vermietet.
In keinem EU-Land sind Lebensmittel so billig wie in Deutschland
Mit Freilandeiern will Benedikt Kaschinski auch den Verkauf vor Ort ankurbeln: „Es wird eine große Blockhütte geben - mit Personal und auch mit Selbstbedienung.“
Die Altbauern Eva und Alfons Kaschinski haben sich mittlerweile aufs Altenteil zurückgezogen. Benedikts Vater war zu Beginn des Hühnermobil-Projektes skeptisch, aber „ich habe immer Rückendeckung bekommen“, sagt sein Sohn. Eines ärgert ihn und macht ihm auch Sorgen. „In keinem anderen EU-Land sind Lebensmittel so billig wie in Deutschland. Wer für zehn Eier nur 99 Cent bezahlen will, macht sich keine Gedanken über artgerechte Tierhaltung.“
Der Tag für die Hennen beginnt um 5 Uhr
Um 5 Uhr geht im mobilen Hühnerstall der Kaschinskis automatisch Dämmerlicht an - rund ein Drittel der möglichen Beleuchtung. Und eine halbe Stunde später wird es dann richtig hell. Die Hühner verlassen ihre Schlafstangen, fressen, trinken und gehen dann in die kuscheligen Legenester. Die sind mit Dinkelspelz schön weich gepolstert. Der Grund: Dinkelspelz poliert das frisch gelegte Ei.
Bis elf Uhr haben die Hühner die Legearbeit erledigt. Und zur Mittagszeit öffnet sich die Klappe, und die Tiere können ins Freie. Später geht’s wieder ab in den Stall. Freiwillig, versteht sich.
Rund 3,5 Quadratmeter hat jede der Hennen als Auslauf zur Verfügung. Und den nutzen sie auch. Nur manchmal verstecken sie sich unter den Hängern, die auf der großen Wiese stehen... Dann ist der Habicht im Anflug, der hier sein Revier hat. Zwei Hühner hat er bereits geschlagen, aber Benedikt Kaschinski hat jetzt vorgebaut - eine Vogelscheuche mit Warnweste soll die Greifvögel abhalten.