Werden. Höhenangst – manchem schnürt es den Magen zu, wenn er nur auf eine Bank steigen muss. Anderen wiederum macht es überhaupt nichts aus, einen hunderte Meter tiefen Abhang hinunter zu blicken. Aber es gibt auch Menschen, die gefühlsmäßig dazwischen liegen – wie mich.

Als Kind vom Fünf-Meter-Brett ins Wasser zu springen, das war kein Problem. Sich im Düsseldorfer Fernsehturm auf der Aussichtsplattform in rund 160 Metern Höhe an die schräge Scheibe zu legen und darauf zu vertrauen, dass das Panzerglas hält, war eine andere Sache. Nicht ganz so hoch hinaus beziehungsweise hinunter geht's im Klettergarten am Baldeneysee. Sieben Meter sind es, auf die sich Kletter-Freunde auf dem Parcours der Seaside-Beach-Climbing-Anlage einstellen dürfen. Sieben Meter, das hört sich vertretbar an. Was hier fehlt, ist das Wasser. Und der erste Gedanke schleicht sich in den Kopf: Der Boden gibt nicht nach, wenn du abstürzt. Das sei aber nicht möglich, versichert Sven Behmenburg, Inhaber der Anlage, schließlich werde bei ihm die Sicherheit groß geschrieben. Sein Naturseilgarten ist TÜV-zertifiziert, die Teilnehmer sind mit Gurten und Seilen fixiert, die das Zigfache des Körpergewichts halten. Jeder muss einen Helm tragen. Die Drahtseile haben zwölf und nicht eigentlich erforderliche zehn Millimeter Durchmesser und bieten „eine fünffache Sicherheit”, stellt Behmenburg fest.

Und vor jedem Kletterversuch gibt's natürlich erst eine Einweisung. Bevor ich in luftige Höhen steigen darf, wird an einem kleinen Sicherheitsparcours alles durchgearbeitet. Ich bin immer mit zwei Karabinern auf den einzelnen Kletter-Elementen verbunden. Wenn ich wechsle, nehme ich einen ab und bringe ihn am nächsten Element an. Dann folgt der zweite Karabiner – doppelte Sicherheit. Sven macht's vor. „Jetzt bis du dran. Ist doch kein Problem, wenn ich dich duze, oder?”, fragt er, und liefert gleich die Begründung nach, „wenn ein Problem auftritt, kann ich so schneller reagieren und muss nicht auf Förmlichkeiten achten.” Und ich mach's anderthalb Meter über dem Boden nach.

Als es aber im Anschluss die Strickleiter hinauf zu einem von zwei Erwachsenenparcours geht, kehrt das mulmige Gefühl zurück, schließlich sind wir nun auf gut vier Metern Höhe – Element Nummer eins wartet. Den ersten Karabiner in das Sicherungsseil einhaken, den zweiten seitenverkehrt. Unter mir zwei wacklige Drahtseile. Der erste Schritt erfordert eine gewisse Überwindung. Doch als ich das Ende der etwa 20 Meter langen Strecke erreicht habe, ist die Anspannung vergessen. Sven weiß, woran es liegt: „Die Eindrücke, die du aufnimmst, die Arbeit mit den Karabinern. Das alles ist ungewohnt. Da bleibt dir gar keine Zeit, Angst zu bekommen.” Element zwei ist schon anspruchsvoller. Mitten auf der Strecke sind zwei große Holzbretter mit Klettergriffen angebracht. Einfach auf dem Seil spazieren ist nicht. Ich muss den richtigen Tritt und Griff finden, und das Brett wankt in der Vertikalen. Ich muss richtig zufassen, die Muskeln in den Oberarmen und die Waden bekommen Arbeit. Nachdem auch diese Prüfung bestanden ist, verspüre ich eine gewisse Euphorie. Das nächste Element folgt, dann noch eines. Insgesamt bin ich eine gute dreiviertel Stunde unterwegs. Und zum krönenden Abschluss der Kletterpartie geht's per 60 Meter langen „Seilrutsche” zurück auf den Boden der Tatsachen.