Essen-Kettwig. . Beim renommierten Schriftsteller Bodo Kirchhoff hat der Kettwiger Lehrer Jörg Potthaus ein Seminar besucht - jetzt arbeitet er an seinem eigenen Roman.

Silvester ist definitiv der mit Abstand schlechteste Zeitpunkt, um sich mit guten Vorsätzen zu belasten. Das funktioniert nur in seltenen Fällen. Nicht mehr rauchen, abnehmen, mehr Sport machen, nicht mehr so zickig sein, Freundschaften besser pflegen - klappt irgendwann. Vielleicht. Aber nicht ab 1. Januar.

Wie schaut es mit den Träumen aus? Mit Dingen, die man immer schon mal machen wollte. Die man auf die lange Bank geschoben hat. Auf morgen. Auf den nächsten Monat. Auf viel später. Weil es vielleicht unbequem ist, weil es Mut erfordert, oder weil man an seine Grenzen stößt?

Jörg Potthaus hat so einen Traum. Der Kettwiger ist Oberstudienrat und unterrichtet am Gymnasium Heiligenhaus Deutsch, Geschichte und evangelische Religion. Und er möchte einen Roman schreiben. Einen guten Roman. Keinen x-beliebigen. Die hohen Ansprüche, die er an sich selbst stellt, sind ihm im Weg. Er will lernen. Schreiben kann er. Reicht das? „Ich habe immer schon geschrieben. 20 000 Seiten Tagebuch sind voll. Aber ein Roman ist eine völlig andere literarische Form...“

Der Zufall hilft. Wenn es denn Zufall war. Vielleicht auch Bestimmung. Jörg Potthaus besucht eine Lesung. Der Schriftsteller Bodo Kirchhoff erzählt aus seinem jüngsten Roman „Verlangen und Melancholie“. Darin geht es um Verluste, um Egozentrik und darum, dass wir von anderen weniger wissen, als wir zu wissen glauben. Jörg Potthaus erfährt, dass der renommierte Literat auch Seminare gibt. Für kreatives Schreiben, Erzählseminare. In seiner Villa am Gardasee - dort lebt er die Hälfte des Jahres mit seiner Frau Ulrike.

Jörg Potthaus bucht das Seminar. In den Sommerferien. „Es wurde die pure Magie. Eine ganz besondere Erfahrung. Sechs Frauen und drei Männer nahmen daran teil. Eine Cellistin war dabei, ein Werbemanager, eine Architektin und ein Multimillionär mit Maserati. Schon nach dem ersten Treffen bildeten wir eine Symbiose.“

Besonders ist ihm der bewegende letzte Abend in Erinnerung: „Wir sollten in dieser Woche alle ein eigenen Projekt entwickeln. Und Kirchhoff hat uns erst quasi vernichtet, dann wieder aufgebaut. An diesem Abend saßen wir alle am Pool und haben unsere eigenen Texte vorgelesen. Und all diese Texte hatten im Laufe der Woche eine rasante und gute Entwicklung genommen.“

Und der eigenen Roman? Der erste Potthaus? „Kirchhoff hat mir gesagt, dass wir uns entweder nie wiedersehen, oder dass ich im nächsten Jahr im Aufbaukurs dabei bin.“ Es wird wohl der Aufbaukurs werden.

In den Herbstferien war Jörg Potthaus in Griechenland. Wie unzählige Male vorher. Dort wird auch der erste Roman des 61-Jährigen spielen. In der Dionysos-Bar. „Ich habe mir alle eventuellen Schauplätze noch einmal ganz genau angeschaut. Saß auf meinem Stammplatz in der Bar, wollte kein Detail übersehen, keines vergessen. Keinen Tisch, kein Regal, keine der Flaschen.“ In dieser griechischen Bar werden zwei Männer miteinander reden. Nächtelang. Und sich vielleicht auch ihr Leben erzählen.

Das Buch des Kettwigers wächst. Langsam. Autobiographisch wird es sicherlich auch sein. Und er wird sich damit einen Traum erfüllen. Und irgendwann wird genug Raum für die Erfüllung des zweiten Traums sein. „Ich möchte Zeit haben. Viel Zeit. Um zu schreiben.“