Essen-Heidhausen. . So klappt’s mit den Nachbarn: Der TC Am Volkswald hat die Flüchtlinge aus dem Zeltdorf nebenan, zum Tennisspielen eingeladen. Mitglieder erteilen auch Deutschunterricht.

Markus Schmidtke ist Hanseat. Nicht der Typ, der lange quatscht, sondern einer, der anpackt: „Also bin ich da runter marschiert und habe gesagt, wer ich bin und was ich machen möchte.“

So einfach ist das. „Da unten“ ist das Zeltdorf. Schmidtke ist Trainer beim direkten Nachbarn TC Am Volkswald und weiß, wie man die Menschen begeistert. Seine Angebote sorgte beim Heidhauser Tennisclub dafür, dass die Mitgliederzahlen explodierten, die Lücke zwischen der Jugend sowie den stark vertretenen Senioren geschlossen wurde, indem ganze Familien für den weißen Sport gewonnen werden konnten. Doch seine Aktivitäten enden eben nicht bei den „Einheimischen“.

Als das Ehepaar Karen und Markus Schmidtke von den Bemühungen um die Flüchtlinge hörte, war man sich sofort einig: „Da sind wir dabei.“

Nach den ersten Anlaufschwierigkeiten - es hapert selbstredend an der Kommunikation - hängten sie ein großes Plakat im Zeltdorf auf, verteilten Handzettel. Dann hieß es warten. Wer kommt?

Etwas zögerlich lief es an, die Kleinsten trauten sich, so mancher Papa und selbst die eher scheuen Mütter kamen auch vorbei, um mal ganz vorsichtig einen Blick zu riskieren. Offensichtlich gefiel, was die Schmidtkes und ihre Helfer da auf die Beine gestellt haben. Als dann noch der Nikolaus kam und Süßes verteilte, waren alle glücklich.

Aufgedreht rennt ein kleiner grinsender Junge mit seinem Tennisschläger durch die Traglufthalle, in der sich gleich zwei Tennisplätze finden: „Das ist unser Ali“, sagt Schmidtke und strahlt, „der ist einfach unbezahlbar.“

Man findet sich, zu den Asylbewerbern gesellen sich TC-Mitglieder, zum Beispiel die gesamte Familie Hoppe: Helena, Katrin, Julian und Henrik können sich kaum etwas Besseres vorstellen, als an einem Sonntagmittag mit den Flüchtlingen Tennis zu spielen. Auch Petra Thiemann, Ehefrau des Vereinsvorsitzenden, ist mit großer Freude dabei. Ihr Gatte steht am Rand und lächelt. Heinz Thiemann war der Erste, der seinen Hut in den Ring warf und Sport mit Flüchtlingen anregte. Warum, wird schnell klar: „Wir wollen helfen, und wir sind an einer guten Nachbarschaft interessiert.“ Daher war es überhaupt keine Frage, dass sofort Hallenzeiten freigeschaufelt wurden, um dort Tennisunterricht für die Bewohner des Zeltdorfes anbieten zu können.

Es geht noch weiter, sagt Thiemann: „Wir sehen immer, dass die Menschen schön brav an uns vorbei hoch zur Straße laufen, weil sie dort Telefonempfang haben. Das funktioniert unten im Loch wohl nicht.“ Schon gar nicht das Internet.

Verein teilt Internet mit Flüchtlingen

Doch hier hilft man sich unter Nachbarn. „Wir kriegen jetzt so eine Antenne aufs Dach des Clubhauses, die greift auf unseren Router zu, damit können wir unser Internet mit den Leuten im Dorf teilen.“ Wie gesagt, so einfach ist das.

Neben Thiemann steht einer seiner Vorgänger als Vereinsboss, Peter Abe. Er schwingt bei den Alten Herren den Schläger, ist gerade im Doppel gefürchtet. Abe hilft auch. „Ich versuche mich als Deutschlehrer, bringe den Flüchtlingen unsere Sprache näher.“ Das ist nicht immer leicht, aber lustig: „Acht Leute sind mittwochs nachmittags in meiner Gruppe. Da kommt einer zu spät, der andere hat sein Buch vergessen, der nächste steht unvermittelt auf und geht zum Beten. Aber wir haben echt Spaß miteinander. Die deutsche Sprache hält so viele Fallstricke und mögliche Verdreher parat. Manches weiß man selbst nicht, wie heißt zum Beispiel das weibliche Pendant zum Schafsbock?“

Derweil wird eifrig weiter gespielt, Mohamed, Juliana, Igor, Zeddra, Soufian und die Anderen zeigen Ballgefühl, Heinz Thiemann hält es nicht mehr am Rande und er spielt eine Partie…mit Ali. Der Clubchef staunt: „Der Kleine hat Talent, klasse.“ Katrin Hoppe steht derweil am Waffeleisen, die dampfenden Backwaren „mit viel Puderzucker drauf“ kommen gut an.

Ein Bild des Friedens, ein Beispiel, wie man sich unter Nachbarn ganz unaufgeregt helfen kann. So einfach ist das.