Essen-Werden. .

Zwischen Leipzig und Dresden liegt die kleine Stadt Leisnig. Rund 6000 Einwohner hat das Örtchen. Dort wurde am 30. Mai 1935 Hermut Warnatz geboren. Sein Vater war Amtsrichter, und von Leisnig aus zog die Familie nach Reichenbach im Vogtland.

Heute lebt Prof. Dr. med. Hermut Warnatz in Werden. Wenn er am Samstag seinen 80. Geburtstag feiern wird, sind natürlich Verwandte mit dabei, aber auch gute Freunde, die er im Laufe seines Lebens gewonnen hat. Besonders viele Freunde aus Werden, denn die Abteistadt, in die er 1978 mit seiner Frau Ingeborg zog, ist schon lange seine Heimat. So kommt natürlich auch sein Chor, die Werdener Sangesfreunde. Singen ist nur eines der Hobbys von Hermut Warnatz. Und dann ist da noch der Garten rund ums Haus. Wenn die Rhododendren blühen, ist es dort besonders schön.

Wenn er erzählt, sollte man genau zuhören. Er erzählt von seinem Vater, der eingezogen wurde, weil er nicht Kriegsrichter werden wollte, denn „er hatte den Ersten Weltkrieg erlebt“. Der Vater fiel 1940 in Frankreich. Und Hermut Warnatz erinnert an seine Mutter und „an all die Frauen, die in dieser Zeit Unglaubliches geleistet haben“.

1945 ging sie mit Hermut und seiner Schwester über die „grüne Grenze“ von der sowjetischen in die amerikanische Besatzungszone. Nach Coburg in Bayern. „Wenn die Amis uns erwischten hätten, hätten sie uns wieder zurückgeschickt. 100 Euro kostete diese Schleusung.“

Ein Traum war, Mediziner zu werden

Seine Mutter, die erst als Möbelschreinerin, dann als Schneiderin arbeitete, schickte ihre beiden Kinder aufs Gymnasium. „Mein Onkel blieb in Mitteldeutschland. Er war Apotheker, steckte mich mit dem Traum an, Mediziner zu werden.“

Hermut Warnatz bekam ein Stipendium, studierte Medizin in Erlangen. 1959 machte er sein Staatsexamen und promovierte zeitgleich. Nächster Karriereschritt: Er wurde leitender Oberarzt in Erlangen.

1978 dann die Stellenausschreibung. Am 19. März, dem Josefstag, übernahm er die Position des leitenden Arztes der inneren Abteilung am Katholischen Krankenhaus St. Josef in Werden. Und bis zum August 2001 war er Chefarzt der Inneren Klinik an den Kliniken Essen-Süd. Eigentlich wäre sein Vertrag schon im Jahr 2000 ausgelaufen, „aber er wurde um anderthalb Jahre verlängert“.

Unter seiner Führung wurde eine moderne allgemein-internistische Klinik aufgebaut - mit regionaler Zuständigkeit auch für Kettwig. Hermut Warnatz richtete eine rheumatologische Spezialabteilung ein, forschte an Entzündungsstoffen und entwickelte die Rheumatologie in Werden zur führenden Institution im Ruhrgebiet.

Er hielt 20 Jahre lang Vorlesungen, veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Werke, war 23 Jahre lang Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Essen und Mitglied im Vorstand des Landesverbandes der Deutschen Rheumaliga NRW. 1991 wurde ihm der Verdienstorden am Bande der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

Studium im Ruhestand

Ruhestand? Kein Gedanke. Nach Ende der ärztlichen Tätigkeit in Werden studierte Hermut Warnatz Theologie in Bonn, und nachdem er das theologische Vordiplom abgelegt hatte, schloss sich ein Studium der Philosophie an.

Ein erfülltes, intensives Leben - und ein glückliches dazu. Allerdings nur bis zum 26. Dezember 2004. An diesem Tag kam sein Sohn Karl-Holger bei dem verheerenden Tsunami in Khao-Lak ums Leben. „Ich bin zu allen Intensivstationen gefahren, um ihn zu finden. Als wir dann Gewissheit hatten, war es fürchterlich. Seine Freundin, mit der er sich gerade verlobt hatte, überlebte dieses Unglück. Der Tod eines eigenen Kindes ist das Schlimmste, was einem passieren kann“, sagt Hermut Warnatz.

Vier Kinder haben er und seine Frau Ingeborg, die auch Medizinerin ist, großgezogen. Holger hinterlässt eine riesige Lücke. Ein großes Glück sind Klaus, Antje und Jörg. Und dazugekommen sind sechs Enkel. „Kinder sollten Kinder haben. Da darf man auch mal sanften Druck ausüben oder zumindest vorsichtig den Wunsch äußern“, sagt Hermut Warnatz und lächelt. Dieser Wunsch ging in Erfüllung. Und die meisten anderen auch. Viel hat er mit seiner Frau von der Welt gesehen. Afrika, Asien, Südamerika...

Aber schön ist es auch in seinem Garten. Besonders, wenn die Rhododendren blühen...