Essen-Werden. . In Fischlaken wird ein Großasyl entstehen. Die Initiative “Werden hilft“ will sich um Flüchtlinge kümmern. Doch die Verantwortlichen scheinen daran wenig Interesse zu haben.
Die ehemaligen Kutel-Betriebsgebäude in Fischlaken sind abgerissen, bald werden die Fundamente gelegt, die Container geliefert - und am 1. Dezember wird die NRW-Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge eröffnet.
Kurz nach Bekanntgabe dieser Pläne gründete sich die Flüchtlingsinitiative „Werden hilft“ - zur dritten öffentlichen Versammlung trafen sich rund 120 Interessierte in den Werdener Domstuben.
Hochkarätig die Besetzung des Podiums: Neben Essens Sozialdezernent Peter Renzel war Sascha Korte zu Gast. Er ist Inhaber des Essener Unternehmens European Homecare (EHC), das rund 50 Flüchtlingsheime betreut und bis zur öffentlichen Ausschreibung im Frühjahr 2016 auch für die Erstaufnahmeeinrichtung in Fischlaken zuständig sein wird. Das Expertentrio vervollständigte Regina Brödenfeld von der Bezirksregierung Arnsberg.
Wenig Interesse an Unterstützung durch Ehrenamtliche
Der Abend ließ viele Mitglieder der Flüchtlingsinitiative ratlos zurück. Erinnerungen an die Anfänge kamen zwangsläufig. Noch keine fünf Monate ist es her, da artikulierte sich auf Facebook erster offener Widerstand gegen die geplante Erstaufnahmeeinrichtung. Die Antwort war „Werden hilft“. Spontan gegründet, um mit den Themen Nächstenliebe und Willkommenskultur der harschen Fremdenfeindlichkeit, mit der auch Peter Renzel im Rahmen der ersten Infoveranstaltung deutlich konfrontiert wurde, etwas entgegenzusetzen.
Erste Treffen folgten, der Kreis der Unterstützer wuchs. Außerordentlich kompetent und fernab von jeglicher Sozialromantik bereitet sich „Werden hilft“ seitdem in verschiedenen Arbeitskreisen auf den Tag X vor. Auf den Tag, an dem die Flüchtlinge kommen. Man will vorbereitet sein, unterstützen, Angebote machen - einfach nur helfen.
Doch gerade Regina Broedenfeld von der Bezirksregierung Arnsberg scheint an dieser Hilfe nicht sonderlich interessiert zu sein. Geradezu zynisch war ihr Hinweis, dass heutzutage kein Flüchtling nackt ankomme. Was wollte sie damit wohl sagen? Eine Kleiderkammer ist also überflüssig? Die muss der Betreiber zwar vorhalten, aber die geplante Größe von drei Räumen, die jeweils nur 17 Quadratmeter haben, zeigt, welche Wertigkeit der Einsatz der Ehrenamtlichen hat.
Die Mitglieder von „Werden hilft“ dürfen sich mit Fug und Recht missbraucht fühlen. Sie waren gut, um im Stadtteil ein angenehmes Klima zu schaffen. Wenn die Einrichtung ihre Arbeit aufgenommen hat, scheint Hilfe von außen unerwünscht - gebraucht werden sie dann wohl nicht mehr. Doch von Resignation ist bei „Werden hilft“ nichts zu spüren - getreu dem Motto „Jetzt erst recht“ wird man sich weiter engagieren.
Viele Fragen hatten die Aktiven von Werden hilft - doch die Experten blieben meist eine Antwort schuldig. Um ihr geplantes Engagement in die richtigen Bahnen zu lenken, fehlt es nach wie vor an notwendigen Informationen. Peter Renzel: „Ich bin nicht hier, um sie zu entmutigen, aber man muss realistisch planen.“ Will heißen, dass nach Vorstellung des Landes die ankommenden Flüchtlinge „meist nur einen oder zwei Tage in der Einrichtung bleiben werden“, sagte Regina Brödenfeld. Einen bis drei Monate Verweildauer - so lauteten bislang die Informationen. Ernüchterndes Fazit für „Werden hilft“: Alle angedachten Aktivitäten müssen auf nur kurze Begegnungen ausgerichtet werden. Trotzdem wolle man „eine Brücke bauen zwischen der Einrichtung und der Bevölkerung“, sagte Peter Renzel.
Doch noch immer sind die Abläufe in der Einrichtung „neuen Typs“ nicht endgültig geklärt. Und die Einbindung der Ehrenamtlichen scheint nicht weit oben auf der Prioritätenliste zu stehen. Sascha Korte bringt es auf den Punkt: „Einziges Ziel wird ein schneller Durchsatz sein - zwei Tage bis höchstens eine Woche bleiben die Menschen dort.“ Aber vielleicht doch länger? Um die Konfusion zu vervollständigen dient vielleicht auch noch folgende Aussage von Sascha Korte: „Die Einrichtung wird langfristig und kurzfristig arbeiten können. Vielleicht bleiben 500 Flüchtlinge länger und 300 nur kurz.“
"Das große Engagement im Stadtteil wird nicht berücksichtigt"
Das Land NRW, die Bezirksregierung Arnsberg und die Stadt Essen stimmen den Ablauf ab. Regina Brödenfeld spricht davon, dass „in vielen Einrichtungen Chaos herrscht - es ist bescheiden organisiert. Aber wir tasten uns langsam ran“.
Die meist schwammigen Aussagen empfand auch Ulla Lötzer „wie eine kalte Dusche. Das große Engagement im Stadtteil wird nicht berücksichtig - wir sind schlicht von anderen Voraussetzungen ausgegangen“.
Besonders wenig Fingerspitzengefühl bewies Regina Brödenfeld bei der Einordnung von „Werden hilft“ als sie sagte: „Es spricht eigentlich nichts dagegen, dass Ehrenamtliche ihre Unterstützung anbieten.“