Essen-Werden. . Im Bürgermeisterhaus an der Heckstraße nahm Agnes Wallek vor 30 Jahren ihren Dienst auf. Für 2016 hat die Geschäftsführerin der Kulturvilla ihren Rücktritt angekündigt.
30 Jahre ist es her, seitdem das erste Konzert im Bürgermeisterhaus über die Bühne ging: Dies war die Geburtsstunde des Werdener Kulturzentrums in den Räumlichkeiten der 1833 erbauten, weißen Villa. Schon damals war Agnes Wallek im Team und organisierte das Konzert als Managerin. Für die heutige Geschäftsführerin des Hauses ist das Jubiläum wohl auch mit ein wenig Wehmut verbunden: Denn im nächsten Jahr will sie ihren Hut als Geschäftsführerin nehmen.
Viele wollen ihr diesen Entschluss nicht glauben, denken, dass Agnes Wallek nicht ohne das Bürgermeisterhaus leben könne, dem sie immerhin 30 Jahre ihres Lebens gewidmet hat. „Doch die werden sich wundern“, lächelt sie, „meine Entscheidung steht fest. Ich werde 65 Jahre, und es ist dann einfach an der Zeit.“ Sie freue sich darauf, „nicht mehr die Verantwortung tragen zu müssen“. Denn immerhin ist sie im Haus für so ziemlich alles zuständig: Von der Organisation des Programms über die Betreuung der Musiker bis hin zum Aufbau im Saal. „Ich rücke auch die Möbel um, wenn es sein muss.“
Dabei war sie damals noch eine komplette Anfängerin, als sie zum Team von Dr. Ismael „Coco“ Pereyra stieß, der das Bürgermeisterhaus in ein Kulturzentrum umgewandelt hatte,: „Ich hatte keine Ahnung von dem Metier: In Sachen Musik war ich Laie, und auch habe ich niemals Veranstaltungsmanagement oder ähnliches gelernt.“
In ihrem ersten Leben war sie Erzieherin, hat einen Kindergarten in Altenessen geleitet. Dann bekam sie Kinder, stieg vorzeitig aus dem Berufsleben aus. „Ich habe dann vor allem Taxi für meine Kinder gespielt, um sie zum Kindergarten oder zur Schule zu bringen“, erinnert sie sich, „aber mir war klar, dass ich mehr vom Leben erwartete, als Hausfrau und Mutter zu sein.“
Dann erfuhr sie, dass der Konzertpianist Dr. Ismael Pereyra das Bürgermeisterhaus von der Stadt Essen gekauft hatte, um daraus eine kulturelle Begegnungsstätte zu machen. „Coco Pereyra hatte viel Strahlkraft nach Außen, und er war besessen von dem Haus, doch die Organisation war nie so sein Ding – dafür brauchte er Leute.“ Beworben hätte sich Wallek jedoch nie, aber ein gemeinsamer Bekannter meinte, dass sie mit ihrem Organisationstalent die Richtige sei für den Job – und vermittelte sie.
Während ihrer Anfangszeit lernte Wallek vor allem durch Beobachten. „Ich habe mir drei Jahre lang alles sehr genau angeschaut – und bei der Musik genau hingehört.“ Als Pereyra sich dann zurückzog und Wallek die Geschäftsführung übernahm, fand sie schnell ihren eigenen Stil. „Ich habe das Haus für ein breiteres Publikum geöffnet.“ Das heißt: Während Pereyra sich auf klassische Musik fokussierte, holte Wallek auch andere Farben ins Haus – wie zum Beispiel Kabarett, Lesungen oder Jazz.
Solch ein Zuspruch sei wichtig, denn schließlich müsse sich das Haus tragen – erst recht, seitdem es 2002 schon kurz vor dem Aus stand. Die Sparkasse Essen rettete die Spielstätte, indem sie sie aufkaufte, sie für eine Millionen Euro sanierte und sie seitdem dem Trägerverein für eine geringe Miete überlässt. „Die Zusammenarbeit mit der Sparkasse läuft prima“, freut sich Wallek. Für den breiten Kurs, den sie seit der Rettung eingeschlagen habe, bekomme sie viel Zuspruch. „Man muss auf sein Publikum hören“, stellt sie fest. Und das tut sie – auch indem sie immer nah bei ihren Gästen ist, sie herzlich empfängt und sie auch vor Veranstaltungen auf der Bühne begrüßt.
Doch ist sie sich sicher, dass das Bürgermeisterhaus auch ohne sie weiter erfolgreich bleibt. „Ich finde es gut, wenn sich das Haus nach 30 Jahren programmatisch wieder verändert und jemand seine eigene Farbe hineinbringt.“
Wer diese neue Farbe hineinbringen wird, will sie noch nicht verraten: Im Februar soll der neue Vereinsvorstand den Vertrag mit dem Nachfolger festzurren. „Dann machen wir es öffentlich.“
Bis sie die Führung abgibt, will sie aber noch ein wenig bewegen – so möchte Wallek die Kooperation mit der Folkwang Universität wieder aufleben lassen.
Doch auch wenn sie die Geschäftsführung im nächsten Jahr abgibt: Vollständig zur Ruhe setzen will sie sich nicht. „Wenn meine Nachfolge es will, stehe ich in der Übergangszeit auch unterstützend zur Verfügung – als Hilfskraft.“ Außerdem wird sie Präsidentin des Zonta-Clubs Essen. Mit dem Kissen unter den Ellenbogen aus dem Fenster schauen – das ist wohl auch weiterhin nichts für das umtriebige Organisationstalent.