Sie waren der Schrecken der Obdachlosen. In Essen-Dellwig "ärgerten", misshandelten und demütigten sie die Männer, filmten dabei. Jetzt stehen vier Angeklagte aus Essen und Oberhausen vor Gericht. Auf versuchten Mord lautet der Vorwurf gegen die Hauptbeschuldigten.

Wie sie da so sitzen, die vier 20 bis 21 Jahre alten jungen Männer, traut man ihnen die Tat nicht unbedingt zu. „Es tut mir wirklich leid”, sagt einer. Aber vor einem halben Jahr waren sie in manchen Kreisen Essen-Dellwigs dafür bekannt, Obdachlose „zu ärgern”, zu misshandeln und Fotos der feigen Taten zu zeigen. Als am 20. September auf dem Bahnhof Dellwig-Ost ein 55-Jähriger halbtotgeschlagen gefunden wurde, versuchte die Staatsanwaltschaft, das Umfeld zu erhellen. Auf versuchten Mord lautet die Anklage, die Staatsanwältin Birgit Jürgens am Montag vor der Essener Jugendstrafkammer vorliest.

Schläge und Tritte weckten den Mann

Hauptangeklagte sind der Dellwiger David B. (20) und ein 21 Jahre alter Oberhausener. Begleitet von zwei weiteren aus der Gruppe hatten sie nachts am Bahnhof Dellwig-Ost geguckt, ob dort wieder der Obdachlose schlief. „Ich wurde von ihren Schlägen und Tritten wach”, erinnert sich der 55-Jährige als Zeuge vor Gericht. Im Krankenhaus hatten die Ärzte ihn gerettet. Hirnverletzungen und einen Schädelbruch hatten die Täter ihm zugefügt.

Gegenseitig beschuldigt

Im Grunde räumen die beiden Hauptangeklagten den brutalen Überfall, bei dem sie auch mit einem Totschläger auf ihr Opfer einschlugen, vor Gericht auch ein. Aber sie schieben sich gegenseitig die Hauptschuld zu. Beide weichen dabei von ihren Aussagen bei der Polizei ab, der Oberhausener muss sich auch im Prozess noch einmal korrigieren. Hatte er vor der Mittagspause noch beteuert, den Obdachlosen nicht einmal angefasst zu haben, räumt er danach ein, auch selbst geschlagen zu haben. „Ich will jetzt die volle Wahrheit sagen”, beginnt er die Korrektur. So ähnlich hatte er seine Worte auch am Vormittag begleitet. Die beiden aus der Gruppe, die nur am Tatort standen, sollen nach Wunsch der Staatsanwaltschaft auch nicht ungeschoren davon kommen. Sie sind am Amtsgericht wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt.

Mit Handy gefilmt

Zwei weitere Angeklagte, einer aus Dellwig, einer aus dem Südostviertel, sollen zusammen mit David B. einen Obdachlosen im Reuenbergpark in Dellwig erniedrigt, gequält und beraubt haben. Stolz hatten sie ihre Tat mit dem Handy gefilmt, lässt die Anklage erkennen. Die Bilder, so heißt es, wurden gerne herum gezeigt. Für den Prozess sind noch fünf Tage angesetzt. -ette