Essen. .
Ein 37-jähriger muss wegen einer Schießerei bei einer libanesischen Hochzeitsfeier für sechs Jahre ins Gefängnis. Er hatte einem anderen Gast ins Bein geschossen. Saal 290 im Landgericht Essen war bei der Verhandlung voll besetzt. Nur Männer.
Es war Rache, ist die 16. Strafkammer des Landgerichts überzeugt. Daher verurteilte sie am Dienstag einen 37-Jährigen zu sechs Jahren Freiheitsstrafe, weil er bei einer libanesischen Hochzeitsfeier in Altenessen im Februar vergangenen Jahres einem anderen Gast (57) ins Bein geschossen hatte.
200 bis 1000 Gäste sollen sich damals getroffen haben, als sich Braut und Bräutigam aus zwei libanesischen Familien trauten. Die Gäste beider Seiten waren nicht nur Freunde, und auch das Fest stimmte offenbar nicht versöhnlich.
„Wir können hier keine Parallelgesellschaft dulden“, kritisiert Oberstaatsanwalt Rolf-Peter Lindenberg das Verhalten der Libanesen. Der ebenfalls angeklagte Cousin (33) des 37-Jährigen ging mit einem Freispruch nach Hause. „Es ist erwiesen, dass er nicht dabei war“, erklärt Verteidiger Norbert Kröger das Ergebnis der Beweisaufnahme.
Der Angeklagte schweigt
Der Gerichtssaal 290 ist voll besetzt. Nur Männer. Manche müssen sogar stehen oder warten draußen auf dem Flur. Der Angeklagte wird nach dem Urteil noch im Saal verhaftet. Es wird bedrohlich laut unter den Männern. Nach Friedensverhandlungen hört es sich gewiss nicht an, was auf Arabisch vor dem Saal gesprochen wird: Manche möchten zuschlagen, scheint es. Justizmitarbeiter und Richter Martin Hahnemann gehen dazwischen, sorgen vorläufig für Ruhe.
Der Angeklagte schweigt zu den Vorwürfen. Verteidigerin Christiane Theile schildert eine Tatvariante, an die sich keiner der in der Verhandlung gehörten Zeugen erinnert. Der 57-Jährige sei bewaffnet gewesen, weiß sie. Ihr Mandant habe ihn nur entwaffnen wollen, dabei sei es zum Kampf gekommen, bei der sich der Schuss gelöst habe. Sie beantragt eine Bewährungsstrafe. Die Kammer glaubt das allerdings nicht, ist überzeugt, dass der 37-Jährige die scharfe Waffe dabei hatte. Sie sieht folgenden Hintergrund für seinen Angriff: Der 57-Jährige hatte drei Monate zuvor einen Bruder des Angeklagten angeschossen.
„Rache, Vergeltung, Selbstjustiz“, fasst Hahnemann im Urteil zusammen. Das könne man nicht dulden. „Wenn das jeder macht“, betonte der Richter, „dann haben wir den wilden Westen hier.“