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Ein Jahr voller Straftaten, zum Teil brutale Überfälle und Einbrüche, liegt hinter den beiden Katernbergern, die sich seit Dienstag vor der XVII. Strafkammer verantworten müssen. Ein Opfer ließ sich im Gerichtssaal von den Bandidos schützen.
Im Kern sind sie geständig, wollen auch gerne eine Drogentherapie antreten. Ein Jahr voller Straftaten, zum Teil brutale Überfälle und Einbrüche, liegt hinter den beiden Katernbergern, die sich seit Dienstag vor der XVII. Strafkammer verantworten müssen.
Angst verbreiteten sie. Am 28. Mai 2009 klingelten Mario J. (27) und Bettina H. (33) an der Wohnungstür einer Bekannten. Laut Anklage griff Bettina H. das Opfer sofort an, schlug die Frau, hielt ihr ein Messer an den Hals und forderte sie auf, ihren Mann in Ruhe zu lassen. Danach sollen beide Angeklagte aus der Wohnung CDs, ein Telefon und zwei Einwegkameras gestohlen haben. Zum Abschied habe die Angeklagte das Opfer noch mit der Hand gegen den Kopf geschlagen. Nur wenige Tage zuvor soll das Pärchen bei einem 25-Jährigen in die Wohnung eingestiegen sein. Die Beute bestand aus zwei Playstations und Flachbildmonitoren.
Der 25-Jährige hatte gleich geahnt, wer hinter der Tat steht, und Anzeige erstattet. Am 9. Juli traf das Pärchen ihn an einem Kiosk in Katernberg. Mario J. soll ihm vorgeworfen haben, zur Polizei gegangen zu sein. Unvermittelt soll er ihn dann mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Dann, so die Anklage, schlug er mit seinem Rucksack weiter auf den 25-Jährigen ein. Das Fahrrad des Mannes warf er auch noch auf ihn. Als dieser am Boden lag, soll Bettina H. ihn noch vor den Kopf getreten haben. Diebstähle und Pkw-Aufbrüche bilden die weiteren Punkte der Anklage.
Für ein wenig Aufregung sorgt am Vormittag die Begleitung des weiblichen Opfers. Die Frau hatte sich im Vorfeld des Prozesses bedroht gefühlt und einige Männer in „Bandidos“-Kutten mitgebracht. Auch eine Art Zeugenschutzprogramm. Um mögliches Faustrecht abzuwehren, kamen Justizwachtmeister hinzu; es blieb insgesamt ruhig.
Das Leben der Angeklagten verlief weniger ruhig. Familiärer Streit, früher Drogenkonsum, Heimaufenthalte, keine Ausbildung: Parallelen sind nicht zu übersehen. Mario J. hat die zweite Klasse in der Grundschule wiederholt, kam in die Schule für Erziehungshilfe und ab dem 13. Lebensjahr „wegen familiärer Schwierigkeiten“ ins Heim, dann wieder nach Hause. Wann er die Schule abgebrochen hat, weiß er nicht: „Vierte oder fünfte Klasse. Ich hatte keinen Bock mehr.“ Eine Ausbildung hat er nie absolviert: „Mit 13 habe ich mit Alkohol, Haschisch angefangen und mit den falschen Leuten rumgehangen.“ Später kommen Kokain und Heroin hinzu: „Da konnte ich in meine Welt flüchten.“
Mario J. hat schon einige Zeit im Gefängnis gesessen. Diebstähle, gefährliche Körperverletzungen füllen sein Register. Bettina H. hat zwar weit mehr Vorstrafen als ihr Mitangeklagter. Doch die meisten der 23 Eintragungen betreffen Ladendiebstähle. Gesessen hat die Mutter zweier Kinder, die beide nicht bei ihr leben, immer nur kurze Zeit. Eine Ausbildung hat auch sie nicht, die nach der Grundschule immerhin kurz einmal auf dem Gymnasium war. Ob sie nach ihrer abgebrochenen Tischlerlehre mal gearbeitet habe, fragt Richter Bernd Koß sie. „Nein“, antwortet sie, „nur in der JVA“.