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Vergewaltigung in der Ehe lautete die Anklage, doch das Schöffengericht glaubte der 59-Jährigen nicht und sprach ihren drei Jahre älteren Ehemann frei. „Im Kern sehen wir nur schwammige Lücken“, begründete Amtsrichter Stefan Groß die Aussage der Frau.

Einen harten Vorwurf hatte die Ehefrau am 2. November vergangenen Jahres erhoben. Drei Tage nach der mutmaßlichen Tat war die Altendorferin mit ihrer Tochter bei der Polizei erschienen: Ihr getrennt von ihr lebender Mann habe sie vergewaltigt und gedroht, ihr die Kehle durchzuschneiden, falls sie zur Polizei gehe. Im Kern blieb sie auch in der Verhandlung dabei.

Doch früh zeigte sich, welch Riss durch die Familie ging und in welche Widersprüche sich die Frau verwickelte. Da waren auf der einen Seite Mutter und Tochter, auf der anderen der Angeklagte und sein 23 Jahre alter Sohn, der sich eine Vergewaltigung durch den Vater nicht vorstellen konnte. Die Emotionen erreichten ungebremst das Gericht. Oft aufbrausend der Vater, dessen Unterarm eine tätowierte Bikini-Dame zierte. Er könne die Tat nicht begangen haben, weil er durch seine Herzmedikamente impotent sei, teilte er zur Sache mit. Eine Nebenwirkung, die Rechtsmediziner Andreas Freislederer nicht ausschließen wollte. Die Ehefrau tat zwar zunächst entrüstet, räumte dann aber auch ein, dass es bei ihrem Mann ab und an nicht klappe. Zudem bestätigte sie, dass sie mit ihrem Mann auch in der Trennungsphase einige Male sexuell verkehrt habe.

Vater und Tochter keiften sich im Saal regelrecht an. Das Alkoholproblem der Mutter, die schon mal von der Polizei aufgelesen wurde, räumte diese nur Schritt für Schritt ein. Keine leichte Beweislage. Staatsanwältin Heike Handtke meinte dennoch, ein Jahr und acht Monate Haft mit Bewährung für den Angeklagten fordern zu müssen. Sie könne kein Motiv für eine Falschaussage der Frau sehen; ihrer Aussage, die durch Randindizien gestützt werde, könne geglaubt werden.

Dem Schöffengericht war das als Beweis zu dürftig. Es sei schon ein Fehler gewesen, dass die Tochter, die ihre Mutter zur Anzeige gedrängt hatte, bei der polizeilichen Vernehmung dabei gewesen sei. Da habe die Mutter von ihrem Vorwurf nicht mehr abrücken können, ohne bei der Tochter in Erklärungsnotstand zu geraten, sagte Richter Groß. Immer wenn es um die eigentliche Vergewaltigung ging, sei die Aussage der Frau zu pauschal und schwammig gewesen und damit keine Basis für eine Verurteilung.