Um rund 190 000 Euro betrog ein 31-jähriger Steuerobersekretär des Finanzamtes Gelsenkirchen-Süd den Fiskus. Er segnete Steuererklärungen mit falschen Angaben ab. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden eines Lohnsteuerhilfevereins steht er jetzt in Essen vor Gericht.

Als reumütig beschreibt er sich. Als einen, der reinen Tisch machen wollte. Tatsächlich war dem 31 Jahre alten Steuerobersekretär des Finanzamtes Gelsenkirchen-Süd schon längst die eigene Revision auf den Fersen, als er seiner Vorgesetzten gestand, in einem Fall falsch gehandelt zu haben. Jetzt sitzt er vor der I. Essener Strafkammer. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Steuerhinterziehung und Bestechlichkeit in 150 Fällen vor.

500 Euro im Monat kassiert

Neben ihm sitzt sein Komplize. Der 47 Jahre alte Vorsitzende eines Lohnsteuerhilfevereins im Umfeld des Bahnhofes soll ihm die Mandanten besorgt haben, die bereit waren, in ihren Einkommenssteuererklärungen falsche Angaben zu angeblichen Haushaltshilfen und Unterhaltsleistungen zu machen. Rund 500 Euro im Monat bekam der 31-Jährige dafür, dass er die Sonderausgaben absegnete. Sein Mitangeklagter kassierte für die frisierten Erklärungen erhöhte Honorare. Was er mit dem Geld gemacht habe, fragt Richter Edgar Loch den 47-Jährigen, der von 2002 bis 2007 durch den neuen Service rund 28 000 Euro mehr einnahm. „Wenn man mehr hat, gibt man auch mehr aus”, sagt der Angeklagte. Was seine Kunden zu den falschen Angaben gesagt hätten? „Die haben sich gefreut.” Gegen die Steuerzahler ermittelte die Staatsanwaltschaft ebenfalls. Gegen sie wurden die Verfahren gegen Geldbußen eingestellt.

Blauer Anzug mit Krawatte

Der Steuerobersekretär im blauen Anzug mit Krawatte gibt sich reumütig und zerknirscht. Auf vielen Hochzeiten hat er getanzt, nachdem er beim Finanzamt anfing. Mit Baufinanzierungen wollte er sich ein zweites Standbein verschaffen, kam irgendwie mit dem Chef des Lohnsteuerhilfevereins ins Gespräch, besuchte ihn auch in dessen Büro. Er beriet dessen Kunden und fertigte die erste Steuererklärung an. Dafür gab es Geld vom Mitangeklagten. Der 31-Jährige: „Er sagte, geh' mit Deiner Familie essen. Erst nachher dachte ich, das hättest Du nicht annehmen sollen. Denn jetzt hat er Dich in der Hand – obwohl er das nie so aussprach.”

Anklage sieht den Beamten als Haupttäter

Laut Anklage ging die Initiative für den Steuerbetrug vom Finanzbeamten aus. Nebenbei frisierte dieser auch Steuererklärungen für Bekannte. Das Geld will er seiner Familie gegeben haben, weil der mittlerweile verstorbene Vater so schwer krank gewesen sei. Laut Anklage hat er sogar den Seelsorger bei der Beisetzung angesprochen und diesem Hilfe bei der Steuer angeboten.

"So ein Schwachsinn"

Auf die Spur kam ihm die interne Revision, weil er weit höhere Erstattungen an Steuerzahler genehmigte als seine Kollegen. Warum er es getan hat? „Aus heutiger Sicht kann ich Ihnen nicht erklären, warum ich so einen Schwachsinn gemacht habe.” -ette