Aus welchem Grund der Bottroper Jörg W. (44) wirklich starb, bleibt auch nach den psychiatrischen Gutachten im Essener Mordprozess gegen den Mülheimer Markus L. (36) und seine Ex-Ehefrau Sandra S. (34) aus Bottrop unklar.
Nach drei Wochen Pause blieben die Gutachter letztlich auch auf die Angaben der Angeklagten angewiesen. Psychiaterin Maren Losch wollte bei Sandra S. sogar eine verminderte Schuldfähigkeit nicht ausschließen.
Sie hatte mit der Angeklagten zweimal geredet und zeichnete jetzt das Bild einer Frau, die in der Partnerschaft mit dem späteren Opfer Jörg W. einen Persönlichkeitswandel erfahren habe. Früher sei sie eine fröhliche aufgeschlossene Frau gewesen, in der Beziehung aber zunehmend ruhig, ängstlich und sozial isoliert.
Ex-Ehemann um Hilfe gebeten
Sandra S. hatte angegeben, dass Jörg W. sie extrem kontrolliert und auch geschlagen habe. Am 17. Februar habe sie dann ihren Ex-Ehemann angerufen und um Hilfe gebeten. Er kam, schlug nach eigenen Angaben aus vermeintlicher Notwehr auf Jörg W. mit einem Baseballschläger ein. Keine Erklärung gaben die Angeklagten dafür ab, dass Jörg W. auch noch scharfkantige Schläge mit einer Art Beil auf den Schädel bekam und erdrosselt wurde. Während Sandra S. anschließend penibel die Wohnung säuberte, versuchte Markus L. die Leiche am Rhein-Herne-Kanal in Essen verschwinden zu lassen. Weil ihm die Kraft fehlte, schaffte er es nicht und ließ den Toten auf der Kanalbrücke liegen. Sandra S. spielte danach die Verlassene.
Ein Gespräch mit Psychiater Sven Kutscher hatte der Angeklagte verweigert. So erklärte der Gutachter lediglich, dass er den Angeklagten in der Hauptverhandlung als psychisch gesunden Mann erlebt habe. Er sprach allerdings von emotionaler Kälte.
Ungewöhnlich klingt auch der Trennungsgrund der beiden Angeklagten. 2004 hatten sie eine Tochter bekommen, 2005 gingen sie auseinander. Markus L.: „Die Ehe war nicht mehr so erfrischend.” Sandra S. bestätigte diese Einschätzung. Neue Partner seien damals nicht im Spiel gewesen.
Besorgt um die frühere Ehefrau
Auch in der Haft zeigt sich Markus L., der sich im Gefängnis mit seiner Freundin verlobt hat, immer noch besorgt um seine Ex-Frau. Das zeigt ein Brief, den er an sie schrieb. Er hoffe, dass sie auf Bewährung raus komme und sich um die Kinder kümmere. Einen Sohn hatte sie nämlich mit Jörg W. Außerdem beschreibt er seine eigene Lage: „Mir geht es ganz gut hier, weil die Meisten Angst vor mir haben. Kein Wunder, bei der Anklage.” Er habe die ganze Akte gelesen, schreibt er weiter und zieht Bilanz: „Ich war wohl ein ganz schöner Idiot.”