Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Familientreffen. Freundlich wird gelacht und den Zuhörern zugezwinkert. Doch tatsächlich wird den fünf Angeklagten aus Holsterhausen vorgeworfen, mit Drogen Geschäfte gemacht zu haben.
Was genau sie getan haben sollen, das wird am Dienstag vor der XVI. Strafkammer am Landgericht Essen offiziell nicht bekannt. Denn Verfahrensanträge einiger Verteidiger sorgen dafür, dass Staatsanwältin Sabine Vollmer ihre Anklageschrift gar nicht verlesen kann. Und offenbar droht der Prozess tatsächlich zu platzen, weil das Gericht auch nach eigener Einschätzung nicht ordnungsgemäß besetzt sein könnte. Denn, so deutet Richter Martin Hahnemann an, das Gericht hätte angesichts der umfangreichen Telefonüberwachung mit drei, statt wie am Dienstag nur mit zwei Berufsrichtern verhandeln müssen. So soll es jetzt wohl erst am 12. Januar weitergehen. Staatsanwältin Vollmer zeigt sich verärgert über das Verhalten von Verteidiger Heribert Waider: „Er hat offenbar nur das Interesse, das Verfahren zu torpedieren.”
Tipp eines Informanten
Es geht um viel. Ein Informant hatte dem Landeskriminalamt NRW den Tipp gegeben, die fünf Dorstener handelten im großen Stil mit Kokain, Cannabis und Amphetaminen aus Holland. In der Ermittlungskommission „Limes” hörte die Polizei Telefone ab und war sicher, die Richtigen gefunden zu haben, Was sie alles abgehört hat, soll auf 30 000 Aktenseiten niedergeschrieben worden sein.
Waffen gefunden
Kopf der mutmaßlichen Drogenhändlerbande soll der 39 Jahre alte Olaf M. sein. 16 Taten lastet die Anklage ihm an. In seiner Wohnung soll die Polizei Schusswaffen gefunden haben: Eine Maverick Kaliber 45, geladen, außerdem eine Glock Kaliber 9 nebst passender Munition. Bei zwei weiteren Angeklagten wollen die Ermittler auch Waffen gefunden haben.
Kokain = Laminat
Hochprofessionell sei der Handel aufgezogen worden. Olaf M. soll bei einer Borkener Firma gearbeitet haben, die in Holland Baustellen betrieb. Per SMS und mit Codebegriffen soll die Ware in Rotterdam bestellt und von einem Mitarbeiter abgeholt worden sein. Oft wurde der Stoff nach Einschätzung der Ermittler mit Zahlen verschlüsselt, manchmal sei Kokain auch schlicht Laminat genannt worden.
Telefonate abgehört
Im Ermittlungsverfahren hatten die seit dem 8. Juni in U-Haft sitzenden Angeklagten bislang geschwiegen. Überführt werden sollen sie durch abgehörte Telefonate, die Aussage eines Kuriers und durch einen Scheinkäufer der Polizei. Das Quintett fühlt sich nicht belastet. Freundlich lächeln die meisten Angeklagten den Familienangehörigen zu.
Fünf Jahre Haft als Mindeststrafe
17 Kilo Cannabis, 3,3 Kilo Kokain und 30 Kilo Amphetamine soll die Gesamtmenge der Drogen sein, mit der die Angeklagten gehandelt haben sollen. Strafschärfend ist aber vor allem der Umstand, dass Waffen in den Wohnungen der mutmaßlichen Drogenhändler gefunden wurden. Dadurch erhöht sich die Mindeststrafe für die Hauptangeklagten auf fünf Jahre Gefängnis, falls sie verurteilt werden.