Essen-Borbeck. Sein Beruf ist der Bau von Dachstühlen. Seit einem Jahr fertigt Zimmerer Michael Potztal-Keuter in seiner Borbecker Werkstatt aber auch Schmuck.
Anderen Leuten aufs Dach zu steigen, das ist sein Beruf. Schließlich ist Michael Potztal-Keuter Zimmerer-Meister. Er baut Dachstühle und -gauben oder sorgt für ökologische Wärmedämmung. Holz ist sein Element, mit dem er nun aber auch die Herzen seiner Kundschaft erreicht. Denn seit neuestem stellt der 44-jährige Borbecker Schmuck her. Um sich neue Käuferschichten zu erschließen, musste er keine dicken Bretter bohren. Die ersten Ringe in unterschiedlichsten Farben und die ersten Anhänger für die Damen oder eine Fliege für den Herrn werden schon getragen. Und unterem Christbaum leuchtet auf Wunsch auch ein Weihnachtsstern – ebenfalls aus heimischer Produktion der Werkstatt am Wolfsbankring.
Die Idee zur Schmuckherstellung kam vor einem Jahr
Michael Potztal-Keuter ist in seiner schwarzen Zunftkleidung ein Zimmerer wie aus dem Bilderbuch: Die pechschwarze Hose mit Schlag, „damit die Sägespäne nicht in die Schuhe rutschen“, ein breitkrempiger Hut, „der vor Regen und Sonne schützt“, dazu Joppe und Weste – ein Handwerker und „a man in black“, wie man ihn sich vorstellt.
Aber auch jemand, der Schmuckstücke herstellt? Ja, die Idee kam genau vor einem Jahr. „Da habe ich mich gefragt, was kann ich mit Holz noch machen?“, erinnert er sich. Die Antwort lieferte das Internet: Basteln mit Holz – versuch’s doch mal mit Schmuck.
Die Idee war geboren, nach und nach entwickelte der Zimmerer die Technik zur Anfertigung von Schmuckringen. Mit dem Werkstoff Holz ist er vertraut, seit er schon als Jugendlicher ein Praktikum in der Zimmerei Dropmann in Borbeck absolvierte und dort später seine Lehre absolvierte. Dass er den Betrieb mit 30 Jahren als gestandener Meister übernahm, ahnte er nicht, als er noch bei seinen Eltern in Frohnhausen wohnte und Pfadfinder in der St. Elisabeth-Gemeinde war.
Die ersten Schmuckstücke fertigte Michael Potztal-Keuter aus Terrassendielen an. Die Schindeln bestehen zu 75 Prozent aus Holz und zu einem Viertel aus Kunststoff. So verformen sie sich weder bei Feuchtigkeit noch bei Regen. Und für Ringe taugen sie auch, wie sich herausstellte, wenn man sie mit ein paar hübschen Zusätzen versieht. „Ich fräse eine kleine Rille ins Holz und füge Epoxidharz und Glitzer dazu“, erzählt der Autodidakt. Es darf aber auch mal Blattgold oder ein Pferdehaar sein – an Ideen fehlt es nicht Und kein Ring gleicht dem anderen, jeder sieht anders aus.
Am Ende sorgen Wasser und Polierwatte für den richtigen Glanz
Zwischen dem Bau eines Dachstuhls und dem Anfertigen eines Rings liegen Welten – deshalb kam der Zimmerer mit der künstlerischen Ader mit seinem Werkzeug auch nicht weiter. Obwohl die Produktion eines Rings an der Kreissäge beginnt, mussten neue, zierlichere Maschinen her. Heute wechselt Michael Potztal-Keuter von der pfiffig umgebauten Bohrmaschine weiter zur Schleifmaschine, dann kommt der Feinschliff, dazu ein Spritzer Wasser für den Glanz und am Ende die Poliermaschine – fertig ist nach etwa 30 Minuten Arbeit ein Ring. Das Rezept erscheint ziemlich einfach . . .
Ein fertiger Ring ist nur innen rund, oben jedoch kantig. „Nein, rund möchte ich nicht. Mit einem Hingucker ist er schöner“, sieht sich Michael Potztal-Keuter geschmacklich nicht auf dem Holzweg. Das sieht man beim Hersteller der Terrassendielen ähnlich. Als er ein Model mit seinem hölzernen Schmuck professionell fotografieren ließ und die Bilder auf Instagram zeigte, erwähnte er auch per Hashtag den Dielen-Hersteller. Der meldete sich prompt und stellt seinen Kunden nun die Borbecker Kollektion in seinem Katalog vor.
Ein Ende seiner Kreativität ist noch nicht in Sicht
Obwohl die Ideen für neue Produkte nicht auf den Bäumen wachsen: Am Ende seiner Kreativität ist der Zimmerer noch lange nicht. Dafür sorgt schon mit Scott Gordon ein neuer Nachbar am Wolfsbankring. Man traut als Besucher kaum seinen Augen, doch dort stehen geschätzt über 100, vielleicht sogar 200 schottische Whiskyfässer. Beschädigte Fässer liefern dem Zimmerer nun den Rohstoff für weitere Schmuckstücke – die Holzmaserung ist auf jeden Fall einzigartig, und der Geruch ist deutlich wahrnehmbar.
Spätestens in einem Jahr will er seine Produktion, die jetzt noch in eine Sortimentkiste passt, professioneller vermarkten. „Auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Dümptener Bauernhof möchte ich einen Stand haben“, hat er sich vorgenommen.
Dann muss sein Betrieb in Borbeck vielleicht eine Winterpause einlegen. Aber aufs Dach kann der Zimmerer seinen Kunden später ja immer noch steigen.
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