Essen-Frintrop. In dem üppigen Garten in einem Dellwiger Hinterhof züchtet Martin Hagemann Greifvögel und Frettchen. Mit ihnen geht er auf die Kaninchenjagd.
Martin Hagemann (55) hängt sich die abgewetzte Ledertasche über die linke Schulter und zieht sich den groben Lederhandschuh über die linke Hand. Obwohl er Brasil, den vierjährigen amerikanischen Wüstenbussard, gut kennt, ist Vorsicht geboten. Der Greifvogel steigt fürs Foto allerdings ohne Murren auf die Lederfaust über, bleibt friedlich sitzen und scheint es geradezu zu genießen, im Mittelpunkt zu sein. Ein paar Meter weiter ist die Habichtdame Avalun deutlich aufgeregter. „Habichte sind Einzelgänger und sensibler.“
Aber auch das Wüstenbussardmännchen kann anders. Es weiß die schwarzen Krallen durchaus einzusetzen. Martin Hagemann, hauptberuflich Gärtnermeister am Werdener Krankenhaus und seit 2010 nebenberuflich geprüfter Falkner, geht mit Brasil, Kirasa und den anderen auf Kaninchenjagd – an der Emscher und auf Friedhöfen. Natürlich mit der Erlaubnis der jeweiligen Friedhofsverwaltung.
Vögel erhalten Sender und Adresstäfelchen
Bevor er mit den Greifvögeln jagen kann, müssen sie ausgebildet werden. Der Jagd ist ihnen angeboren, das Zurückkommen nicht. Mit einem Leckerchen wird belohnt, wenn der Vogel auf die Hand übersteigt. Vor dem Jagdeinsatz wird das „Gewicht runtergenommen“. Der Hunger lässt den gefiederten Jäger der Lüfte auf die Hand des Falkners zurückkehren. Für den Fall der Fälle bekommen sie dennoch einen Sender und ein Adresstäfelchen mit. „Ich habe aber noch keinen Vogel verloren“, tippt sich Martin Hagemann dreimal mit der Faust an den Kopf.
Die Greifvögel jagen Kaninchen. Sie werden dabei von Frettchen unterstützt. Die flinken Nager gehen in die Bauten und scheuchen die Kaninchen auf. Der Fachmann nennt das Frettieren – nicht zu verwechseln mit Frittieren. „Am besten jagt man mit Albinos“, sagt Martin Hagemann, „das weiße Fell sieht man sofort, wenn es wieder ans Tageslicht kommt“. Die aufgescheuchten Kaninchen erspäht der Bussard und schlägt sie.
Emscherböschungen und Friedhöfe sind die Reviere
Die Reviere von Martin Hagemann und seinen Tieren sind Emscherböschungen und Friedhöfe. „Man glaubt gar nicht, wie stark Kaninchen die Emscherböschungen unterhöhlen können“, sagt Martin Hagemann, der zu den Touren auch seine Hunde, die Weimaraner Aristo und Burana, mitnimmt. Was Kaninchen auf Friedhöfen anrichten können, weiß jeder, der schon mal über abgeknabberte Blumen geflucht hat.
Greifvögel werden übrigens nicht nur zur Kaninchenjagd genutzt, sondern auch um Tauben zu vergrämen. Seit kurzen steigen zum Beispiel am Kölner Dom regelmäßig Wüstenbussarde und ein afrikanischer Lannerfalke auf, um Tauben zu vertreiben.
Jagen nur mit Erlaubnis des Grundstückseigentümers
Martin Hagemann darf nur mit Erlaubnis des jeweiligen Grundstückseigentümers jagen. „Sonst wäre es Wilderei. Es sind halt keine Wellensittiche“, erklärt der 55-Jährige. Und durch seine Jagd würden die Kaninchen auch nicht in ihrem Bestand gefährdet. Im Gegenteil. „Es ist ein Beitrag zur Gesundhaltung.“
Die Menschen, denen er mit einem Greifvogel zum Beispiel auf dem Friedhof begegnet, seien stets sehr aufgeschlossen und interessiert. „Ich komme halt nicht mit einer Waffe über der Schulter daher“, sagt er. Damit will er nicht die Jagd mit dem Gewehr verteufeln, hat er doch selbst eine Ausbildung zum Jäger gemacht.
Mit der Jagd kann er nicht reich werden
Heute heißen seine Jagdwaffen aber Brasil, Kirasa oder Avalun und haben Federn, Schnabel und Krallen. Für die Greifvögel sei es gut, dass sie ihrem Jagdtrieb nachgehen könnten. Reich – so Hagemann – werde er durch die Jagd nicht.
>>>SAISON FÜR KANINCHEN WIEDER IM HERBST
- Ende März endete die Jagdsaison für Kaninchen. Erst im Herbst steigen Brasil und die anderen wieder in die Lüfte.
- Die Zeit bleibt nicht ungenutzt. Bussarde kommen in die Mauser, verlieren nach und nach ihr langen Federn, bleiben aber flugtauglich.