Die Polizei kooperiert mit Kliniken, um Jugendlichen zu helfen, die eine Amokdrohung aussprechen.

Nach der Amoktat in Winnenden hat es auch in Essen einige Trittbrettfahrer gegeben. Das stellt die Polizei immer wieder vor die Frage: Wie gefährlich ist ein Jugendlicher? Wie ernst genommen werden muss seine Androhung, Menschen zu töten? Wenn sich Kriminalkommissar Wolfgang Zacheja, Jugendbeauftragter der Polizei, nicht sicher ist, dann hat er neben dem schulpsychiatrischen Dienst eine weitere Anlaufstelle: die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am LVR-Klinikum Essen und die Kinder- und Jugendpsychiatrie der Kliniken Essen-Süd in Werden. „Die Zusammenarbeit hat vor etwa drei Jahren begonnen. Es hatte eine Bedrohungssituation in Essen gegeben, bei der ein Jugendlicher im Internet ein Verbrechen angekündigt hatte. Wir haben die Situation nachbesprochen. Heute gibt es eine tolle Kooperation”, sagt Zacheja.

Polizei kann 24 Stunden mit der Hilfe de Ärzte rechnen

Damals setzte er sich mit Dr. Nikolaus Barth, leitender Oberarzt der Abteilung am LVR-Klinikum, zusammen und besprach: Die Polizei kann 24 Stunden mit der Hilfe der Ärzte rechnen. Hat sie einen auffälligen Jugendlichen, kann er kurzfristig mit den Erziehungsberechtigten – denn die müssen immer dabei sein – im LVR-Klinikum vorgestellt werden. „Das ist eine tolle Option für Krisenfälle. Denn wir müssen ja eine Sicherheitseinstufung machen. Früher ging ich oft mit einem schlechten Gefühl nach Hause, fragte mich, ob ich die richtige Entscheidung getroffen habe. In der Klinik wird sofort die Diagnose gestellt”, sagt Zacheja.

Manche sind behandlungsbedürftig

Wichtig ist: „Es geht nicht darum, die Jugendlichen in die Enge zu treiben, wir wollen ihnen helfen, Brücken bauen. Solche Jugendlichen sind strafrechtlich kaum zu packen. Sie sind mitunter behandlungsbedürftig”, so Barth. Dass Jugendliche gleich zu ihm gebracht würden, hätte den Effekt, dass die Verantwortung auf mehreren Ebenen geschultert würde. Zudem würden die Jugendlichen und deren Eltern merken: Da passiert was. Aus seiner Sicht vereinfachen die vielen einzelnen Theorien zu sehr, was den Amokschützen von Winnenden zur Tat veranlasste: „Alle Erklärungsmodelle greifen nur bedingt. Letztlich ist eine solche Tat nicht auf einzelne Auslöser zu reduzieren.”

Fortbildungen für Kontaktlehrer würde er gerne mit dem Schulverwaltungsamt institutionalisieren. „Sie können Mobbing-Opfer und Jugendliche mit Problemen dann früher erkennen.” Zudem bietet seine Klinik inzwischen Sprechstunden an Schulen an. „Es ist dann einfacher für Lehrer zu sagen, komm, wir gehen mal da hin, führen ein Beratungsgespräch.” Dabei geht es nur um den Erstkontakt, die erste Diagnose. Die Ärzte überweisen anschließend an niedergelassene Kollegen.