Essen. In Essen wächst jährlich die Zahl der Urnen-Begräbnisse - mittlerweile machen sie 72 Prozent aller Beisetzungen aus. Außerdem geben immer mehr Hinterbliebene Grabstellen an die Stadt Essen zurück. Der Verwalter des Essener Parkfriedhofs berichtet von vergessenen und verwahrlosten Gräbern.

Eine ebene, glänzende Steinplatte in der Wiese reiht sich an die andere auf dem Parkfriedhof in Essen-Huttrop. So wie hier sieht es auf vielen Ruhestätten der Stadt aus. Denn: Jährlich wächst die Anzahl der Urnen-Begräbnisse. Weniger Pflegeaufwand für das Grab und geringere Kosten für die Beerdigung sind die häufigsten Gründe für eine Feuerbestattung.

Deshalb sind mittlerweile 72 Prozent aller Begräbnisse auf kommunalen Friedhöfen Urnenbestattungen. Bei Gräbern, bei denen ein Sarg unter der Erde liegt, zeigt sich oft ein erschreckendes Bild: Immer mehr verwahrlosen, weil sich die Angehörigen nicht mehr kümmern können oder wollen. Deshalb steigt die Zahl der Grabstellen, die an die Stadt zurückgegeben werden.

"Erdbestattungen mit einem Sarg bedeuten viel Arbeit für 25 Jahre"

Bernd Frömming von der Friedhofsverwaltung des Parkfriedhofs hat täglich mit den unterschiedlichsten Formen der Bestattung zu tun. Auf den 23 städtischen Friedhöfen werde die Nachfrage nach Urnen- oder auch sogenannten Reihenrasengräbern, auf denen es keine Parzellen im klassischen Friedhofstil gibt, immer größer.

„Erdbestattungen mit einem Sarg bedeuten viel Arbeit für 25 Jahre. Das ist die gesetzlich vorgegebene Ruhezeit der Toten. Manche Angehörige wissen sofort, dass sie es nicht schaffen, das Grab so lange zu pflegen, andere merken es erst nach einigen Jahren.“ Dazu komme, dass die Angehörigen immer älter werden. „Wenn eine Tochter ihre Mutter verliert, die bereits über 90 Jahre alt ist, ist es für die Tochter schwierig, das Grab 25 Jahre pflegen zu können. Denn meist ist sie beim Tod der Mutter dann selbst schon 70 oder älter“, weiß Frömming.

Viele Angehörige geben die Grabstellen an die Stadt zurück

Trotzdem müssen die Gräber mit Erdbestattungen weiter gepflegt werden. Das ist allerdings nicht immer der Fall. Immer mehr Angehörige geben die Grabstelle an die Stadt zurück. Und damit die Verantwortung für die Pflege. Das allerdings kostet: einmalig 58 Euro und dann jährlich 28 Euro für die Grabpflege. „Manchmal werden Gräber aber auch einfach vergessen. Deshalb verwahrlosen viele Stellen. Dann müssen wir die Verwandten anschreiben und ihnen klar machen, dass es so nicht geht“, so Frömming. Meistens komme dann die Einsicht und mit ihr die Abgabe der Grabstelle.

Auch Bärbel Farwick vom gleichnamigen Bestattungsunternehmen Farwick kennt die Sorgen der lebenden Verwandten – und versteht sie. „Hier geht es ums Geld und um die Zeit. Das heißt ja nicht, dass die Menschen herzloser werden. Nein, sie trauern auch, aber sind heutzutage einfach ein bisschen realistischer.“ Bei evangelischen und katholischen Friedhöfen halten sich Urnen- und Erdgräber noch die Waage. Beim evangelischen Friedhof Katernberg heißt es: „Die Leute legen Wert darauf, ihre Gräber selbst zu pflegen.“ So ist es auch beim katholischen Friedhof Steele. Trotzdem geben beide zu: Ja, die Zahl der Urnenbestattungen nimmt langsam zu.