Manchmal lohnen Ausflüge in die Vergangenheit schon um der Erkenntnis willen, dass kaum ein Problem, das heute die politischen Gemüter erhitzt, wirklich neu ist.
Beim Lichtbildervortrag, den der Essener Architekt Peter Brdenk und Berger Bergmann, Baukunst-begeisterter Geschäftsführer der Theater und Philharmonie, unter dem Motto „Stadt im Wandel“ in der gut besuchten Volkshochschule zur launigen und kenntnisreichen Begegnung mit Essener Baugeschichte machten, begegnete man mancher vertrauten Notlage. Die angespannte Finanzsituation der Messe Essen war schon Ende der 1920er Jahre Thema und führte dazu, dass ein Teil des Geländes der Großen Ruhrländischen Gartenbau-Ausstellung mit dem bis heute erhalten Wahrzeichen, dem Gruga-Turm, überlassen wurde, so Brdenk. Auch die Diskussionen um Auslastung und mögliche Kooperation des Grillo-Theaters gehen ins vergangene Jahrhundert zurück. Die Konkurrenz des Sprechtheaters war damals das Colosseum, eine 3000 Plätze fassende Amüsierbühne am Kopstadtplatz. Das Haus ist verschwunden, wie viele Bauten der Jahrhundertwende, die die Autoren ins Blickfeld genommen haben, Nachfolge-Gestaltung inklusive. Das Ergebnis ist eine Mischung aus architektonischer Zeitreise und anekdotischer Rückschau, aus Wegweisendem und nicht realisiertem. So hat der weltberühmte Baumeister Mies van der Rohe Anfang der 1960er für Krupp ein Firmengebäude entworfen, das nahe der Villa Hügel gebaut werden sollte. Den Kontakt hatte Berthold Beitz damals in New York geknüpft, wo Krupp ein Büro drei Etagen unter dem von Mies van der Rohe hatte. Die Stahlkrise machte die Pläne zunichte. Dass Essen für den Architekten eine Stadt von Bedeutung war, belegt aber auch ein Brief, den van der Rohe an Essens damaligen Oberbürgermeister Nieswandt schrieb und sich darin „sehr zufrieden mit den Entwurf für das neue Essener Rathaus“ äußerte, das im Ursprung übrigens zwei Türme vorsah. Den Phantomschmerz, den viele Essener bis heute über den Abriss des Alten Rathauses verspüren, mag das Lob nur bedingt lindern.
Und doch lud der Vortrag auch dazu ein, sich mit dem Neuen zu beschäftigen. „Essen hat immer große Architekten angezogen“, sagt Berger Bergmann, der nach zwei Büchern über Essener Architektur (erschienen im Klartext-Verlag) immer noch Ideen hat. Das nächste Projekt könnte Essens Plätzen gehören.